Notizen 1997


Erlebe mich in meiner künstlerischen Arbeit nicht thematisch, sondern zuständlich motiviert. (04.01.1997)

Das Kind ist schöpferisch ganz im Elementaren. Es nimmt wahr und handelt nicht erwachsenen-, sonder elementar-ästhetisch. Ich lerne vom Kind und bin mir meines Erwachsenseins bewusst. (07.01.1997-1)
Solange hier auf Erden, immer zwischen Werden und Vergehen. Kein ......ismus ändert daran etwas. (07.01.1997-2)

Das Heil liegt jenseits aller Dogmen. Was diese versuchen, zu fassen, ist nicht greifbar, eben weil es heil ist. Wäre es begreifbar, wäre es nicht heil. (09.01.1997)

Jede Form muss zuerst durch das Chaos. (11.01.1997)

Die Knochen-Idole entstehen aus organischen Bewegungen der bearbeitenden Hände, aus Kräften, die sich über Hände und Finger ins Material eingraben. Ich weiß nie so genau, was sich aus dem Tun meiner Hände bildet, ausser, dass es etwas Organisches sein wird, weil ja meine Hände etwas Organisches sind. Organisch = formal + funktional = Leben. (18.01.1997)

Hat man Alles zerstört, fängt man wieder von vorne an. Am Ende war die Erleuchtung vorher. (21.01.1997)

Entwicklung ist der Rückwärtsgang der Gegenwart. (26.01.1997)

Böte mir einer drei Brote an, eines für die Vergangenheit, eines für die Gegenwart und eines für die Zukunft, ich würde eines backen (und den Wein dazu nicht vergessen). (31.01.1997-1)
Künstler ist der, der tut. (31.01.1997-2)

Bildtitel müssen sich einstellen wie die Bilder selbst. Man muss sie finden. (04.03.1997)

Zufall sortiert das Leben. (06.03.1997)

Künstlerische Arbeit kennt kein Warum, sie kennt nur ein Dass. (13.03.1997)

Das wünschen sich Viele, auch ich: nach einem erfüllten Leben einen raschen, schmerzfreien Tod. (26.07.1997)

Ob ich Zeit habe oder nicht, hängt von mir selber ab. (17.03.1997)

Je älter man wird, desto größer werden die Hemmnisse. Ihre Überwindung verdichtet das eigene Leben. (25.03.1997)

Die Oberfläche einer Form muss wie eine Haut aus ihr herauswachsen. Dem individuellen Objekt sein individuelles Aussehen. (08.04.1997)

Meine plastischen Formen entstehen aus der Bewegung meiner Hände, die im Verlauf des Gestaltungsprozesses immer mehr in die Fingerspitzen und Fingerkuppen übergeht. Diese Bewegung ist ein Lebendiges, das aus dem Unsichtbaren kommt. Meine Formen spiegeln diese Lebendigkeit. (15.04.1997)

Der Sinn des Lebens besteht unter anderem auch darin, Überflüssiges los zu lassen. (11.05.1997)

Man spürt seinen Körper. Grenzen zeichnen sich ab. Ganz in der Ferne, noch, taucht der Tod auf und winkt. Das jugendlich verengte Blickfeld weitet sich. Man beginnt die eigene Endlichkeit zu ahnen. Kein Tag vergeht. ohne die Möglichkeit des eigenen Todes vor Augen zu haben. (15.05.1997)

Ein Kunstwerk will wahrgenommen werden als das, was es ist, nicht mehr, aber auch nicht weniger. (28.05.1997)

In mir melden sich immer wieder Bilder zu Wort und drängen nach Verwirklichung, die doch so nie sein wird. (02.06.1997-1)
Ich kenne weder ein davor noch ein danach. Gegeben ist die Tatsache der Geburt (sonst wäre ich nicht) und des Todes (der mir gewiss ist). Ich bin eine Episode aus dem Buch der Ewigkeit. (02.06.1997-2)

Der Künstler schafft sich Raum, bewegt sich darin und muss ihn auch wieder verlassen. (04.06.1997)

Gefäß als bevorzugter Ort des Werdens, vielleicht gar ein Universum. (08.06.1997)

Aus dem Ineinander von aussen und Innen entspringt die Formschönheit eines Gefäßes. (10.06.1997)

Keine Eile haben! Jeder Schritt ist mindestens ein ganzes Leben. Gott ist ein großer Schreiter. (13.06.1997-1)
Jedes Gefäß besitzt eine Öffnung, durch die das Leben ein- und austritt. Man spricht einmal von Geburt, einmal von Tod. (13.06.1997-2)

Viele Filme haben keine Zeit. (25.06.1997-1)
Kunst ist immer Beides, Form und Idee. Wer glaubt, sie wäre nur das Eine oder das Andere, irrt. (25.06.1997-2)
Wo der Blick in die Ferne schweift, sehnen sich Dinge in der Nähe nach Liebe. (25.06.1997-3)

Die Gegenwart kennt weder Geburt, noch Tod. (02.07.1997)

Die Intensität eines Neuen ist gebunden an die Intensität eines Alten. Diese Kontinuität heißt Entwicklung. (06.08.1997)

Das höchste Glück verbindet sich mit dem, was man aus der Ferne betrachtet. (05.09.1997)

Wie kann man frei werden ohne Bindung? (08.09.1997)

Im Hören entsteht das Ohr neu. (23.09.1997)

Wie kann ich Größe im Kleinen verwirklichen? (24.09.1997-1)
Worte werden dunkler, wenn sie dem Herzen nahe kommen. (24.09.1997-2)

Entwicklung ist unausweichlich schmerzhaft. Hat man den einen Schmerz erlitten, ihn ein- und loslassend durchlebt, wartet schon der Nächste. Zahnen, ein Leben lang. Und jedes Mal neu die Illusion, es sei der letzte gewesen. Darin verbirgt sich wohl Erlösungs-Sehnsucht. (26.09.1997)

Es gibt keine Objektivität auf Erden, nur Subjekte, die sich um Objektivität bemühen. Statt dessen großes, gegenseitiges Bezogen-Sein. (06.10.1997)

Wenn man Alles Haben kann, verliert man Alles. Das Heil ist etwas ganz Simples, Einfaches. (11.10.1997)

Die neue Gestalt hat keine Gestalt. (20.10.1997)
Der Mensch kreist immer und ewig um ein und dasselbe, in immer neuen Gesten und Worten, nie ganz treffend, bruchstückhaft. Doch jedes Mal bedeutet es ein neues Werden, einen Aufbruch, unerlöst, aber teilhaftig. (31.10.1997)

AFG 1997


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