Jan 2020

Auch Demokratie stellt ein Herrschaftsverhältnis dar, erstrebenswert wie fragwürdig.

Er hätte auch ein anderes Leben führen können. Er fühlte sich da nicht festgelegt, zumindest dachte er das lange Zeit. Bis er über das ”hätte” stolperte, eines späten Tages zu später Zeit, und ihm klar wurde, dass er ein anderes Leben nie gelebt hatte und auch im weiteren Verlauf nicht leben würde. Ein anderes Leben, das war reine Fiktion, Ausgeburt seiner Fantasie, wenn auch mit interessanten Aspekten.

Wenn ich abzubilden versuche, vermisse ich die freie Form, wenn ich frei forme, die Abbildung. In der gestalterischen Beantwortung der Frage ”gegenständlich-abstrakt” ist mir nicht zu helfen (und vielleicht ist das auch gut so).

Sie sollten ein Paar sein, Mann und Frau. Das ist ihre Chance, Irrtum inbegriffen.

Komme ich mit einem Werk nicht weiter, werde ich sauer. Ich finde es unerhört, wenn es sich mir widersetzt. Wofür es natürlich nichts kann, bin es doch ich, der sich im Weg steht.

Achte darauf, dir während deiner Arbeit aus dem Weg zu gehen. Du hast da nichts verloren.

Da der künstlerische Prozess etwas uferloses hat, dämme ich ihn zeitlich und räumlich ein. Das ist ihm zwar egal, hilft mir aber werkspezifisch mit ihm umzugehen. Im Klartext: feste Zeiten, festgelegter Ort.

Die Subjekt-Objektspaltung ist auch Thema der Kunst, die es ohne diese Differenz nicht gäbe.

Was Menschen aus ihrem Leben machen, ist so fragwürdig wie erstaunlich, manchmal sogar bewunderungswürdig.

Ich gehe dem nach, was das jeweilige, von mir veranlagte
Werk verlangt. So gesehen kann ich mir schlecht ausweichen.

Eine kleine Altersbibliothek, stelle ich mir vor, darin meine Herzensbücher, nach Autoren gereiht, ein Refugium mit Platz auch zum Schreiben, denn Lesen regt zum Schreiben an, zumindest bei mir.

Was man zur Genüge kennt, erzeugt leicht Überdruss. Zuweilen entgeht man ihm, indem man das scheinbar Bekannte neu kennenlernen darf.

Man kommt und man geht. Und was macht man in der Zwischenzeit?

Menschen, denen es an Skepsis mangelt, sind mir suspekt.

Du wirst nicht umhin können, zeitlebens einen Ausgleich zu suchen zwischen dem, was dich von Außen beeindruckt, und dem, was dich von Innen her bewegt (im Grunde genommen ein künstlerischer Vorgang).

Nachts tritt sie an mein Lager und nimmt meine Hand. In ihrem Blick spiegelt sich das Verlangen einer jungen Frau, die ihren Auserwählten aufnimmt ein für alle Mal.

Nicht allzu viel im Leben ist im mathematischen Sinn als gut oder schlecht zu beurteilen. Vielem haftet eine dem Leben geschuldete Widersprüchlichkeit an, die sich zeichengenauer Bestimmung widersetzt.

Man sagte von K., er sei ungeeignet, den Anforderungen des Lebens gerecht zu werden. Man sagte auch, dass K. in eine Traumwelt flüchtete, die ihm scheinbar das zu geben vermochte, was ihm die Realität verweigerte. So konnte natürlich nichts aus ihm werden. Die Schule brach K. ab, ebenso eine Lehre. Ein Leben auf der Straße drohte. Doch dann begann K. zu malen, weiß Gott warum. Er malte einfach. Und sieh da, er fand ein Ausdrucksmittel für seine Träume. K. wurde Maler, Autodidakt, und seine fantasievollen wie eigenwilligen Bilder waren schnell gefragt. Heute ist er in aller Munde. Beiträge über ihn in allen Feuilletons. Aber das nützt ihm nichts mehr und hätte ihm vermutlich auch nie etwas genützt. Er starb bei einem Autounfall, dessen Umstände ungeklärt blieben.

Tief drinnen in mir arbeitet ein kleine Registratur. Da bewahre ich alles auf. All die Geschichten, die das Leben so schreibt, verrückte, lustige, tragische und auch meine eigene. Wer Interesse hat, wende sich vertrauensvoll an mich.

Der Mensch als Maß aller Dinge wie alle Dinge als Maß des Menschen. So könnte es gut gehen.

Gesellschaftssysteme verlangen dem Menschen schon von früher Kindheit an eine hinreichende (weil systemerhaltende) Mitarbeit ab, nach einem Bewertungsmaßstab, der seinerseits nicht hinreicht.

Vermutlich wird der aus Einsicht Handelnde in seiner Kindheit Menschen erlebt haben, die ihrerseits aus Einsicht handelten. Vorbild und Nachahmung.

Ein Humanist ist ein Mensch mit entschieden anthropophilen Eigenschaften. Sein Weltergründen ist am Menschen orientiert. Jemand, der seinen Mitmenschen Schaden zufügt, kann demnach nie und nimmer ein Humanist sein, selbst wenn er das von sich behauptet. Auch hat Humanismus stets etwas Zukünftiges an sich, seine traditionelle Veränderungskompetenz.

Wer denkt, Geistiges schwirre frei umher wie ein Vogelschwarm, übersieht, dass er diesen Gedanken jetzt denkt, zu Lebzeiten, als ein stoffliches Etwas, als eine - wenn auch wohl organisierte - Ansammlung reizbarer Materie.

Vielleicht würde ein Humanist sagen, dass es nicht darum gehe, dem Leben einen Sinn zu geben, sondern sinnvoll zu leben.

Der tiefere Aspekt des Gesellschaftlichen liegt im Aufeinanderangewiesensein.

Was er nicht kann, trennt ihn von den anderen, was er vermag, auch. Als er dies erkannt hatte, fiel ihm ein Stein vom Herzen: nie mehr dazugehören müssen! Seither begrüßt er sein Geschiedensein voller Interesse und erwandert es sich wie eine unbekannte Landschaft, die ihn wohlwollend aufnimmt und mit ungeahnten Entdeckungen beschenkt.

Ich denke im Dunkel, aber ich schreibe bei Licht.

Die Trennung von Gott und Welt markiert das Getrenntsein des Menschen von der Welt, mit weitreichenden Folgen zumutbarer wie unzumutbarer Art.

Den maßvollen Menschen in den Mittelpunkt des Lebens zu stellen, ist vor allem eine Forderung des ästhetischen Empfindens, fernab von Ideologie und wissenschaftlichem Diktum.

Konsequenz des Maßes ist die Abwägung auf einen Zustand des ungefähren Ausgleichs hin. Auch dies eine ästhetische Übung.

Es erleichtert mich sehr, in nichts Recht haben zu müssen. Aber mir zu Liebe komme ich um ein gewisses Maß an Rechtsprechung nicht herum.

Ich und er sind zerstrittene Teile ein und desselben. Wir stimmen fast in nichts überein. Unsere Beziehung ist heillos zerrüttet. Aber wir kommen doch nicht voneinander los, lebenslang.

Wenn es die Verhältnisse zulassen, verändere dich. Wenn das nicht geht, ändere die Verhältnisse. Siehst du dich dazu nicht in der Lage, fasse dich in Geduld (was schwerer ist als du denkst).

Das Religiöse als Stimmung, Konfession als Tonart.

Unangenehm sind kreative Durststrecken. Man macht zwar weiter, aus Gewohnheit, aber es kommt nichts Rechtes dabei heraus. Als ob es ein Gelingen nie gegeben hätte. Man nimmt sie hin diese Zeiten, was bleibt einem auch anderes übrig. Die ”Kehrseite der Medaille” eben.

Der Kultus als künstlerisches Ereignis, das aber nicht der Kunst dient, sondern einer metaphysischen (transzendenten) Verheißung.

Religiöses Empfinden ist nichts anderes als die unbestimmte Sehnsucht nach Bestimmung (Erfüllung).

Ins Gebiet der Kunst führen keine Brücken, man muss schon ins Wasser steigen und schwimmen (und erfährt nebenbei wie uferlos es ist).

Ich schwimme mit dem Strom gegen den Strom. Nur so komme ich garantiert nicht voran.

Der Drang des Menschen nach Entwicklung und Fortschritt ist eine außerordentliche Gabe, hinter der die Fähigkeit, die Auswirkungen seines Fortschritts angemessen (das heißt menschengemäß) zu bewältigen, weit zurücksteht.

Die wissenschaftliche Erforschung des Universums reduziert den Begriff von Raum und Zeit zu einer rein mathematischen Größe. Es wird gerechnet mit ihr, aber das Anschauungsvermögen kommt zu kurz (für einen Astrophysiker vermutlich eine sehr dilettantische und laienhafte Aussage).

Anschaulichkeit als menschliches Grundbedürfnis.

Immer und zu jeder Zeit müsste die zentrale Frage des Menschen die nach Wahrheit sein. Sein Fortschritt verdankt sich ihr und sein Scheitern.

Mitmenschlichkeit ist immer dann gefragt, wenn es an Menschlichkeit mangelt. Menschlichkeit an sich würde reichen.

Ich reiße keine Bäume mehr aus und ich pflanze keine mehr.

Du kannst dich freuen am Fortschritt deiner eigenen Arbeit. Du kannst aber auch missgestimmt sein angesichts ihrer Mängel. Welchen Aspekt du betonst, liegt einzig und allein an dir.

Ist ein Kunstwerk auch nach Jahren noch von Bestand, muss es von guter Qualität, das heißt in sich stimmig sein. Ich selbst prüfe ein Werk nach der Fertigstellung und dann nach einiger Zeit (die es mich fast hat vergessen lassen) ein weiteres Mal. Sagt es mir dann noch zu, lasse ich es gelten. Darüber hinaus fege ich immer mal wieder durch meinen Werkbestand und verwerfe das ein oder andere. So kommt es, dass auch nach Jahren noch ein Werk aussortiert wird. Es gibt Ausnahmen. Dabei handelt es sich um Werke, die zwar nicht ganz genügen, aus dokumentarischen Gründen aber trotzdem bleiben dürfen, zum Beispiel weil sie den Beginn einer wichtigen Veränderung markieren oder aus anderem Grund bedeutsam für mich sind.

Der Blick schärft sich durchs Blicken.

Ich muss mich entfernen können, um vor Ort sesshaft zu bleiben. Nur die Entfernungsmöglichkeit vermag mich zu halten. Eine mögliche Bleibe wäre auch ein flüchtiger Ort, der immer schon die Ferne mit einbezöge. Dabei könnte es sich eigentlich nur um eine Stadt handeln.

Nicht sesshafte Menschen sterben unterwegs.

Eine begabte Natur hat die Aufgabe, aus ihrer Begabung etwas zu machen.

Politische Gepflogenheiten sind ausgesprochen ästhetische, ohne weiteres zum Beispiel mit Schauspielkunst in Verbindung zu bringen.

Als Jugendlicher (anhaltend damit beschäftigt, mich im Strudel innerer wie äußerer Eindrücke zurechtzufinden) ging ich eine Zeit lang gerne in eine bestimmte Kirche. Nicht so sehr wegen der Messe, sondern um des außergewöhnlichen Orgelspiels willen. Da saß ein Virtuose hinter den Tasten und Pedalen, der (gleich J.S.Bach) den Gottesdienst zu einem Konzert umfunktionierte, das mir religiöse Empfindungen in weit stärkerem Maß näher brachte als das heilige Geschehen am Altar. Mit dieser Erkenntnis schien ich allerdings allein zu sein. Denn kaum war das letzte Amen gesprochen, strebten die Kirchgänger unaufhaltsam dem Ausgang zu, obwohl der Organist gerade jetzt sein konzertantes Musizieren in ungeahnte Höhen steigerte.