Sep 2019

Das Bleibende ist das Angesicht, das sich in unserer Erinnerung fortpflanzt, gegenwärtig und immer noch bildfähig.

Wo keine Vergangenheit, da keine Zukunft. Unvorstellbar. Auch Gegenwart fehlt. Das Übergangsmoment. Nichts geht mehr über.

Ereignisse sind zeitbildend. Menschsein heißt Ereignis sein, heißt in der Zeit sein.

Ein Text gewinnt seine Form durch Weglassen ebenso wie durch Hinzufügen.

Ein Satz ist ein Text in Kleinformat.

Man kann Vergangenem nicht anhängen, will man eine Zukunft haben. Man sollte Vergangenes aber auch nicht hängen lassen, sonst hat man überhaupt keine Zukunft mehr.

Der Tod kommt, wenn es an der Zeit ist (bislang immer noch ein Geheimnis). Verfehlt er die Zeit, hat ihm der Mensch ins Handwerk gepfuscht.

Man muss ein wenig an Bildern vorbeischauen, sie wie nebenbei betrachten, um die in ihnen gespeicherte Ausdruckskraft wahrzunehmen. Die mehr rationale Auffassung augenfälliger Eigenschaften eines Bildes, so erkenntnisreich wie trocken, kommt dann in Berührung mit einer unfassbaren, schwer zu beschreibenden, aber spürbaren Intensität.

Das Schöne ist immer das Besondere. Macht man es verbindlich, zwingt man es ins Allgemeine.

Die kalten Tage nehmen ihren Anfang, nicht endgültig, aber bestimmt. Innen verständigt sich mit Außen. Für eine gewisse Zeit wird Abkehr zum Gebot und damit verbunden Einkehr zur Aufgabe.

Wer noch Perspektiven hat, wird sich zurückhalten. Gehen sie verloren, fällt die Beißhemmung. Man reibt sich die Augen und fragt sich verwundert, warum man gebissen wurde.

Das Subjektive wird objektiv, wenn es sich als Gegenstand herausstellt, das Objektive subjektiv, wenn es als Gegenstand von Interesse ist.

Eigentlich sollte Geld immer unterwegs sein. Es dürfte sich gar nicht anhäufen an einem Ort. Es müsste sich ganz einfach nur nützlich machen.

Ich habe kein Geld, also bin ich (auch ohne Geld. Aber was?).

Wieder einmal sitzt er am Fenster und träumt sich entlang der zunehmend belebten Straße in den beginnenden Tag hinein. ”Auf ein Neues”, sagt er sich, ohne Erwartung und ohne dass er klarmachen könnte, was das Neue wäre. Trotzdem spricht er diese drei Worte zu sich, seit Jahren schon, immer morgens, und seine einzige Sorge besteht darin, dass er es, das Neue, eines Tages verpassen könnte.

Alles Objektive ist immer Angelegenheit eines Subjekts, das, will es über sich hinauskommen, immer eines Objektiven bedarf.

Tatsache ist: man kommt über sich selbst nicht hinaus.

Hätte er vorher von den ihn erwartenden Widerständen Kenntnis gehabt, er hätte nicht eingewilligt in dieses Leben.

Schöpfungsmythos: eines Tages trat Gott zwischen die Menschen und damit Mord und Totschlag.

Man muss sich aufgeben können in der Kunst. Eine wenig offensichtliche, aber bedeutende Aufgabe. Dem nur für sich selbst Getanen fehlt die Ausdruckskraft des Darüberhinaus.

Es soll auch Menschen geben (und gegeben haben), die auf der Welt sind, um sich ihr zu entziehen, mitunter zum Wohl der Allgemeinheit.

Kunst und Kunstbetrachtung: Nähe und Distanz in einem.

„Du“ kann immer nur zu einem „Ich“ gesprochen werden, „Ich“ immer nur zu einem „Du“.

Man übersieht leicht den Energie- und damit Kapitalbedarf von Innovation, wenn man davon spricht, dass sich eine Technologie, noch dazu eine umweltfreundliche, lohnen müsse. Vieles hat sich ohnehin bereits so sehr gelohnt, dass weiteres Lohnen fast schon anrüchig ist.

Von Glück spricht er nur, wenn er etwas versäumt hat. Er kann glücklich sein eigentlich nur in der Lücke.

Glück ist das Gegenteil dessen, für was es durchschnittlich gehalten wird.

Sollte ich einmal Glück haben, habe ich damit absolut nichts zu tun.

Er probiert Weltanschauungen aus wie andere Klamotten im Sommerschlussverkauf. Aber er findet nichts Passendes. Also mimt er weiter den Materialisten (denn einen Körper hat er, das ist nicht zu übersehen, und andere haben auch einen), ohne wirkliche Überzeugung allerdings, in Ermangelung brauchbarer Alternativen. Sich selbst oder anderen etwas vormachen, spirituell oder so, will er nicht.

Wirken die gegenwärtigen medialen Möglichkeiten vorteilhaft oder nachteilig? - Mir fällt es schwer, in dieser Frage ein eindeutiges Urteil zu fällen. Sofern man Medien, welcher Ausprägung auch immer, nicht grundsätzlich ablehnend oder bejahend gegenübersteht, wird man nicht umhin können, von Fall zu Fall und nach eigenem Bedürfnis zu entscheiden. Mir persönlich erscheinen drei Aspekte wichtig. Zum einen der Inhalt, den ein Medium wiedergibt, zum anderen die einem wiederzugebenden Inhalt entsprechende Wiedergabe(qualität) und zum dritten die Freiheit im Umgang mit einem Wiedergabemedium.

Man muss sich das mal vorstellen. Da lebt einer in einem für eine Einzelperson großzügig bemessenen Haus, umgeben von hohen Bäumen, im wahrsten Sinn des Wortes im Grünen, mit Vögeln, Mäusen, Eichhörnchen, auch Füchsen im Winter, nah an einer, wenn auch kleinen Stadt, die alles bereit hält, was man so zum alltäglichen Leben braucht, und ist unzufrieden, weil er das Kleinstädtische nicht zu ertragen meint, die Kleinbürgerlichkeit, das Ländliche. Und um nicht ganz zu versauern, redet er sich ein, in der Stadt wäre es besser, obwohl er jahrelang in einer Stadt gelebt hat, dort nichts besser gewesen war (das Kleinstädtische halt in etwas größerer Dimension), und sich nach ländlicher Umgebung sehnte. Nichts schlimmer als die Idylle. Dort angekommen, ist man zu Freude und Glück verpflichtet, ob man will oder nicht.

Der Eindruck älterer Mitbürger, die in Gruppen auf dem Rad oder zu Fuß gesundheitsbewusst unterwegs sind, könnte darüber hinweg täuschen, dass es sich um Alte handelt. Lautstark scheinen sie von weitem Jugendlichen zu gleichen, die krafttrunken im Überschwang ihrer Körperlichkeit durch den Tag lärmen. Doch sind sie alt und können bei aller Bemühung über ihr Alter nicht hinwegtäuschen. Sie wirken merkwürdig fremd in ihrer scheinbar lustvollen Ausgelassenheit, die so gar nicht zu ihrem äußeren - und insgeheim wahrscheinlich auch inneren - Erscheinungsbild passen will. Die Erkenntnis, dass Alter immer einsam sein lässt (weil man im Grunde genommen immer einsam ist, auch in bester Gesellschaft), scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben, oder sie wird verschwiegen, vor den anderen wie vor sich selbst.

Mit vielseitigen wie gezielten Aktivitäten, von einer sehr geschickt agierenden Gesundheitsbranche zur Verfügung gestellt, versucht sich der moderne Mensch über die Tatsache seines fortschreitenden körperlichen Verfalls hinwegzutäuschen. Wie früher mit der Anrufung Gottes, vermeint er heute mit Wellness und Life-Balancing sein Leben zu schützen und den unaufhaltsamen Alterungsprozess zu bannen. Höflichkeit verbietet es, ihn auf die Vergeblichkeit seines Tuns anzusprechen und zur Einsicht ins Unvermeidliche zu drängen. Man muss einem Todverheißenen nicht sagen, dass er sterben wird.

Seine scheinbar „asketische“ Lebensweise mit ihrer vorgetäuschten Selbstgenügsamkeit kann einem jedes Essen verleiden. Schlemmen mit ihm am Tisch ist völlig unmöglich. Ein Kostverächter ist selten ein guter Essenspartner und über kulinarische Köstlichkeiten ist mit ihm nicht zu reden. Zweifelsohne gehört er zu den Menschen, die an die lustvolle Seite des Lebens keinen Gedanken verschwenden. Die schönen Dinge des Lebens interessieren ihn nicht.

Ich bin meiner Zeit nicht voraus und ich hinke ihr nicht hinterher. Ich bin ihr weder fern, noch nah. Einordnen lasse ich mich nicht.

Das größte Problem des Mannes ist sein Mannsein. Immer im Zenit seiner Leidenschaft offenbart sich die Schwäche seines Gemüts.

Wir haben im Prinzip keine Vorbilder (mehr), obwohl wir uns bemühen vorbildlich zu leben.

Zwischendrin fragen, inwieweit und mit welchen Konsequenzen du Autonomie über dein Leben hast.

Bei sich selbst zu Hause sein ist etwas anderes als sich zu behausen, aber auch nicht gänzlich von Haus und Hof zu trennen. Auch Seelennahrung hat Anteil am materiellen Wohl.

Ohne Originalität keine Reproduktion.

Ein Kritiker hat Objektivität zu wahren. Dafür muss er unabhängig sein.

Als Urheber kann ich meinem Werk nur bedingt kritisch gegenüberstehen. Ich müsste mich aus ihm herausnehmen können, um objektiv zu werden. Aber das geht nicht. So bleibt meine Kritik lückenhaft, von Bestand nur für mich.

Sich selbst treu bleiben bis zur Selbstaufgabe.

Persönliche Freiheit bemisst sich an der ökonomischen oder sie folgt dem Schicksal des Diogenes.

Mann und Frau als gesellschaftstragende Mit- und Gegenspieler, denen auch Foulspiel vertraut ist.

Das Soziale spiegelt sich gegenwärtig im Schatten der Konkurrenz (aller gegen alle). Vor allem dadurch wird es zur sozialen Frage.

Man kann sich ärgern darüber, was einem nicht zu Teil wird, trotz aller Bemühungen. Man kann aber auch den Keim neuer oder anderer Möglichkeit darin entdecken und für sich fruchtbar machen.

Eine Gesellschaft, deren tragende Einstellung ausschließlich Toleranz und Verständnis signalisiert, wird irgendwann untragbar.

Personen gegenüber, die einen schädigenden Einfluss auf Mensch, Gesellschaft und Welt ausüben, kann es vielleicht ein gewisses Verstehen geben, aber keine Toleranz.

Suche nicht den kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern den größten.

Wer Moral relativiert (weil alles möglich ist, ist auch alles erlaubt), öffnet der Willkür Tür und Tor. Erhebt sich die Frage, was Moral ist und worauf sie gründet.

Kritisch sein nicht nur dem Produkt, sondern auch seinen Produktionsbedingungen gegenüber.

Er war der Sohn einer Mutter, die ihre beiden Kinder, ihn und den Bruder, allein großgezogen hatte, zu einer Zeit, da eine alleinstehende, nicht verwitwete, sondern geschiedene Frau mit Kindern - wenn auch hinter vorgehaltener Hand - fast noch etwas Verwerfliches darstellte, zu einer Zeit auch, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, wie sie heute so selbstverständlich wie kritisch zu betrachten ist, zum alltagsbeherrschenden Problem machte. Seine Mutter hatte dies Problem bewältigt, unter erheblichen Mühen, die an ihr, aber auch an ihm und dem Bruder nicht spurlos vorübergegangen waren.

Künstlernaturen begegnet der kunstferne Zeitgenosse mit unverhohlenem Misstrauen. Er weiß nicht so Recht, was er von einem Menschen halten soll, der tagaus, tagein Bilder malt, Romane schreibt oder Musik komponiert. Das ist doch zu nichts nutze, denkt er sich insgeheim und hat damit gar nicht so Unrecht, wenn auch anders als er meint. Kunst ist wirklich zu nichts nutze, das macht sie aus, ist ihr Alleinstellungsmerkmal, aber daraus den Schluss zu ziehen, sie wäre ohne Nutzen, ist ein Irrtum.

Man entziehe sich einem stetig expandierenden Warenangebot durch sanft gedrosselten Konsum, auch im Hinblick auf Weltverträglichkeit im Sinne der Erhaltung dieser Welt.