Aug 2019

Wissenschaftliche Erkenntnisse und spirituelle Vorstellungen suchen vergeblich den Mensch zu definieren. Was ihn ausmacht, dieses in ein Gesetz gegossene Unantastbare seiner Würde, trennend und verbindend, wer könnte es benennen? Und wüsste man es von sich selbst außerhalb eines brüchigen Gefühls?

Auch ein Seelenzustand, der eine romantische Veranlagung verrät: den Glaubensinhalt verloren zu haben, nicht aber den Glauben.

Etwas Gesehenes mit Farbe und Pinsel wiederzugeben, widerstrebt mir. Dagegen bereitet es mir große Befriedigung, meine Malerei - und das reicht bis in die pinselführenden Bewegungen hinein - sinnlich zu machen. Es ist ein großer Unterschied zwischen der farbformalen Wiedergabe eines Sinnlichen und einer sinnlichen Malerei. Letztere verlangt von mir, Sinneseindrücke, vor allem visuelle, zu übersetzen (übertragen) in eine Situation farbformaler Gleichberechtigung, fern linear- und luftperspektivischer Zusammenhänge, aber nicht losgelöst von sinnlicher Gegebenheit.

Zu einem Porträt gehören mindestens drei Personen, die im Bild dargestellte, die offensichtliche, die gegenüberstehende, die sich darin spiegelt, und die erzeugende, die es ins Leben gerufen hat.

Du bist so einzigartig wie jeder andere Mensch auch. Nichts Besonderes also, teilst du doch deine Einzigartigkeit mit allen, und zugleich absolut bedeutungsvoll, denn es gibt dich nur ein Mal.

Das Erhabene verwirklicht sich im Spiegel des Unerreichbaren.

Sein Unbehagen, fast schon ein tief sitzender Groll, gilt allen faulen Übereinkünften (die das Leben so mit sich bringt, wie manche Leute sagen). Damit wird er sich nie abfinden können. Er muss an sich halten angesichts der Schamlosigkeit, die Menschen zu solchen Kompromissen treibt. Er würde es nicht bereuen, wenn ihm die Hand einmal ausrutschen würde. Aber dazu fehlt ihm der Mut und die letzte Konsequenz. Lieber zieht er sich zurück, geht auf Distanz zu diesem Übel und denjenigen, die es kompromittierender Weise miteinander in Szene setzen.

Die Veranlagung zur Romantik könnte auch gelassen mit sich umgehen. Sie könnte extreme Gegensätze meiden und die entsprechenden Superlative, dem Hier und Jetzt stärker verbunden sein als dem Jenseits. Mehr der - wenn auch unerreichbaren - klassischen Einstellung könnte ihr Augenmerk gelten, aber das wäre wider ihre Natur.

Die Vollendung eines Werks versetzt ihn jedes Mal in eine trübe Stimmung. Sie folgt der ersten Euphorie des Gelingens mit steter Regelmäßigkeit. Sich erneut aufzuraffen für einen weiteren Werkprozess, scheint ihm dann völlig aussichtslos und ohne jeden Sinn.

Ein Romantiker würde nicht auf die Idee kommen, mit dem Tod um sein Leben zu würfeln. Er würde ihn mit ins Verderben reißen.

Man wird nicht wirklich warm mit ihm. Merkwürdig konturenlos sitzt er einem gegenüber, als ob er Erkennbarkeit scheute. Ein unscheinbarer Mensch, könnte man meinen, aber das ist nicht das richtige Wort. Denn trotz aller Zurückhaltung, die man durchaus als Bescheidenheitsattitüde werten könnte, blitzt ab und an eine scharfe, mikroskopisch analysierende Augenblicksintensität auf. Man fühlt sich seziert von ihm, ausgeweidet wie Jagdwild, und das belastet jeden weiteren Kontakt.

Egal von wo aus ich den Gestaltungsprozess entwickle, ich lande immer beim Gegenstand. Auch im Vollzug - so einend er auch sein mag - bleibt das Gegenständliche präsent.

Das Kunstwerk als Resultat thematischer Verankerung und gründlicher Arbeit am Gegenstand.

Der Gegenwartstendenz, das Leben umfassend ökonomisch zu dominieren, entzieht man sich durch ein Konsumverhalten, das weder zur Askese, noch zur Maßlosigkeit neigt.

Ein Porträt (wie Malerei ganz allgemein und Kunst überhaupt) ist ein Balanceakt zwischen Innen- und Außenforderungen. Letztere pochen objektiv auf Gegenstandsbezogenheit, Erstere drängen subjektiv zu individuell-freiem Ausdruck.

Künstlerisch betrachtet ist Handeln immer avantgardistisch.

Je eindringlicher sich Farbe und Form auf der Malfläche äussern, desto mehr fangen sie an mitzusprechen, bis sie den Gestaltungsprozess soweit bestimmen, dass sie die Gesprächsführung wie zufällig übernehmen. Der Künstlerische Dialog.

Was Gott anbetrifft, lautet die Devise: lernen, mit nichts zu leben und mit allem zu rechnen.

Könnte man über Kunst existentiell sprechen, wenn sie keine existentielle Dimension beinhaltete?

Existentiell: das menschliche Dasein betreffend und in Frage stellend.

Kunst als objektives Streben ganz und gar subjektiver Verwirklichung.

Ich bin überzeugt davon, dass Malerei fähig ist, jeden Formimpuls aufzunehmen, offen und ohne Scheu.

Meine gestalterische Arbeit verdankt sich Umständen, solchen, die ich herbeiführe, und solchen, die sich einstellen. Man könnte sie als umständlich bezeichnen, im Sinne eines bildnerischen Kreisens um ein langsam sich realisierendes Werk. Ich vermute, alle Kunst ist umständlich und war dies schon immer (der Spruch „Mach’ doch keine Umstände“ trifft auf Kunst gerade nicht zu).

Umstände stehen meistens im Weg, das heißt, sie sind nicht zu übersehen.

Man ist sich selbst gegenüber befangen, weil man sich unbequemen Fragen nicht aussetzten will. Man stellt sie nicht, weil man die Antworten scheut.

Natürlichkeit erreiche ich in meinen Arbeiten gerade nicht durch Betonung des Augenscheins.

Das auf Zweckmäßigkeit ausgerichtete praktisch-alltägliche Leben ist der notwendige Gegenspieler aller Kunst.

Kunst als sinnfällige Verbindung von Sinnlichkeit und Spiritualität.

Auf Reisen begibt er sich nicht zur Erbauung, sondern zur umfassenden Stärkung seiner Abwehrkräfte. Er reist seinem Immunsystem zu Liebe.

Grenzen (über)formen das Dasein, Grenzenlosigkeit lässt es verschwimmen.

Die Nichtexistenz dessen, was normalerweise ist, wird in der Kunst zum hinreißenden Programm.

Eine Reproduktion ist nichts ohne das Original. Und doch gibt es Bilder, die ich lieber in fotografischer Wiedergabe betrachte. Erstaunlicherweise gewinnen sie gerade durch den Verlust ihrer Originalität.

Mitten auf der Straße schiebt ein Mann einen Einkaufswagen mit Tüten vor sich her. Hose und Jacke sind schmutzig und viel zu groß, auch die Schuhe. Auf Grund einer Geheinschränkung kommt er nur mühsam voran. Etwa hundert Meter hinter ihm stehen exakt aneinandergereiht vier weitere, große und dick bepackte Plastiktüten auf der Fahrbahn, obenauf ein schwerer Mantel. Der Mann dreht sich immer wieder zu ihnen um, wie um sicherzugehen, dass sie ihm nicht abhanden kommen. Dann lässt er den Einkaufswagen stehen, nicht ohne auch ihm sichernde Blicke zuzuwerfen, wankt zurück, nimmt eine der Tüten auf und schleppt sie zum Einkaufswagen, stellt sie dort ab, geht zurück, holt die zweite Tüte, und so fort, bis alle Tüten samt Mantel beim Einkaufswagen angekommen sind. Dieser wird nun hundert Meter weitergeschoben und das Nachholen der wartenden Einkaufstüten wiederholt sich.

Jedes Werk ist Gegenstand. Wir sind ihm gegenübergestellt wie allem um uns herum. Wir sehen Farbe und Form.

Ein Porträt hat sich um das Geheimnis des Erscheinenden (des zur Erscheinung Kommenden) zu kümmern. Wiedererkennbarkeit ist dem nachgeordnet, also zweitrangig.

Was wir sehen, ist das eine, was wir daraus machen, das andere.

Man nimmt das Wort Zeitvertreib viel zu wenig ernst.

Schicksalsschläge sind rätselhafte Ereignisse (sofern man sie nicht selbst verursacht, aber dann sind sie keine). Sie stellen die nicht zu beantwortende Frage: Warum gerade ich?

Kunst wird wahrgenommen, ist aber niemandes Besitz. Besitzen kann man nur das Werk, nicht die Kunst.

Wie Narziß sein Spiegelbild im Wasser sieht und sich augenblicklich in sich selbst verliebt, beuge ich mich über mein Werk und sehe mich selbst. Doch anders als Narziß (den seine Selbstverliebtheit ins Verderben stürzte) missfalle ich mir. Dabei würde ich mir gern zu Gefallen sein. Doch ist meine Selbstverstimmtheit anhaltend, so sehr, dass sie mich weitertreibt von Bild zu Bild. Sollte ich mir je gefallen, eines Tages, könnte ich aufhören mit Malen.

Entgegen der Annahme, die eigene Erkenntnisfähigkeit brächte sie hervor, kann Erkenntnis auch im Gespräch eine zufallende sein. Im Geflecht von Rede und Gegenrede baut sie sich alles andere als zufällig ihr Nest.

All die Wissensstandpunkte, phasenweise für bare Münze genommen, wie blickeinschränkend und bewegungsarm. Irgendwann war Schluss damit. Seitdem wandle ich nur noch im Kreuzgang eigenen Daseins und auch nur mit Freunden (denn es gibt noch Gleichgesinnte und sie werden stetig mehr) und staune und freue mich über die Fülle ihrer unterschiedlichen Auffassungen und Gestaltungsweisen. An Wissenszugewinn um des Wissens willen habe ich kein Interesse mehr.

Der Künstlerische Dialog braucht Pausen, als ob auch er sich dann und wann erholen müsste. Für Kunstschaffende sind sie ein Problem.

Vermeide Sehnsuchtsziele. Finde sie woanders, an ungefragten Orten. Dann sind sie Geschenke, vollständig würdig und gemäß deiner eigenen Sehnsucht.

Gelungenes Bild, gelungenes Werk: kompositorische wie improvisatorische Elemente halten sich die Waage.