Dec 2019

Vermutlich ist davon auszugehen, dass Verhältnisse sich zum Besseren wenden, sofern eine genügend große Anzahl von Menschen zur Besinnung kommt. Ob dies allein mittels Belehrung zu erreichen ist, scheint mir fraglich.

Zeugt es nicht von Glück, Dinge tun zu können ganz ohne Blick auf die Sicherung der eigenen Existenz?

Auch hängt Selbstvertrauen damit zusammen, in welchem Maß man von anderen vertrauensvoll behandelt wird. Aber im Grunde genommen steht man allein nach dem leicht abgewandelten Motto: vertrau dir selbst, dann vertraut dir Gott.

Einem unberechenbaren Gott gegenüber - und wann wäre ein Gott je berechenbar - gibt es kein hinreichendes Gebet.

Unter dem Deckmantel von Nützlichkeit passieren schlimme Dinge. Das Unnütze dagegen, zu Unrecht verpönt, sieht sich in seiner Weltfremdheit gar nicht in der Lage zu Scheußlichkeiten.

Wäre nicht erstrebenswert, mit klarem Kopf das Mögliche zu vermeiden, um das Unmögliche wahr sein zu lassen?

Irgendwann verliert man den Glauben an die eigene Besonderheit. Alles Getane verblasst und im Schein dieser schütteren Farbigkeit sinkt man hinab ins Vergessen. Nur eine zarte Hoffnung bleibt, dass vielleicht doch etwas überdauert.

Fluch der Demokratie, dass man auf Mehrheiten angewiesen ist, um politisch einflussreich sein zu können und gerade darum Gefahr läuft, sein politisches Profil einzubüßen. Unversehens stellt sich dabei das Mehrheitsgebot als demokratisches Hindernis heraus.

Ist der ”Beruf das Rückgrat des Lebens”, kann Berufung zur Last fallen.

An sich selbst zu glauben ist eine Fähigkeit, die niemand anderes einem vermitteln kann.

Sobald Personen ins Spiel kommen, geht von jeder schriftlichen Aussage eine romanhafte Verheißung aus. Desgleichen in der Malerei, wo die Dargestellten ansichtsweise etwas zu erzählen scheinen.

Autobiografisch verantwortet man alles selbst, biografisch wird man zur Verantwortung gezogen.

Das Göttliche in all seinen verschiedenartigen Ausprägungen stellt eine herausragende Offenbarung menschlicher Fantasie dar.

Anregung besitzt auch die Eigenschaft zu beeinträchtigen. Es kommt da ganz entschieden auf die Dosierung an.

Bin ich nicht mehr im Bilde, hat es mich also ausgesperrt, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu warten, bis es mir wieder die Tür öffnet. Um Einlass zu betteln, bringt nichts.

Dass man über eine Buchseite streift und in den Fingerspitzen gedruckte Buchstaben spürt, ein Leserelief, das die Vorfreude auf das zu Lesende in sich birgt, ist keine nostalgische Schwärmerei im Zeitalter elektronischer Lesemöglichkeiten, sondern sinnliche Leidenschaft.

Was wir Charakter nennen, ist eine flüchtige Mischung aus fremd- oder selbstauferlegtem Verhalten und persönlicher Neigung.

Wissens verpflichtet zum Handeln. Aber man schreckt vor den Konsequenzen zurück und so bleibt alles beim Alten.

Mehr als anderswo ist in der Kunst ein zu erreichendes Ziel integraler Bestandteil prozessualen Fortschritts.

Ebbe und Flut als natürliche Befürworter künstlerischer Abläufe.

Wer das Leben kennenlernen will, gar mehr darüber wissen, sollte sich dahin wenden, wo es zerbricht.

Misstraue einer Wahrheit in dem Maße, wie du ihr zu folgen bereit bist.

Ein wenig mehr Grundlagenforschung im alltäglichen Leben bitte!

Die Spuren, die wir im realen Leben hinterlassen, sind weit bedeutender, als die des virtuellen, obwohl letztere unser Leben erheblich beeinträchtigen und möglicherweise sogar zerstören können.

Morgens sitzt er in der Dunkelheit und blickt dem zwielichtigen Tag entgegen. ”Als hätte ich nie gelebt”, sagt er sich und für einen Moment ist er sich sicher, dass nichts zu tun glücklich macht oder zumindest kein Unglück bedeutet.

Der Ostteil Deutschlands hat mich wenig interessiert. 30 Jahre meines Lebens wusste ich ihn hinter einem Elektrozaun und einem Streifen kahler Erde, der Fluchtversessenen oft zum tödlichen Verhängnis wurde. War mir schon der Politikbetrieb westdeutscher Prägung suspekt, so stieß mich der totalitäre Machtanspruch des ostdeutschen Kommunismus auf Mensch und Gesellschaft ab. Die Menschen und ihr Leben verschwanden hinter dieser Okkupation. So empfand ich das damals in den siebziger Jahren. Neben der strahlenden und unbändig jugendversessenen Freiheit westlichen Lebens wirkte die Welt hinter dem Zaun zugleich altbacken muffig und gefährlich restriktiv. Ich war insgeheim froh, nicht dort aufgewachsen zu sein und leben zu müssen.
Ungern machte ich mich auf den Weg nach Westberlin. Jedesmal ein kleines Abenteuer auf diesem vom westlichen Staatsfeind subventionierten holprigen Transitweg. Immer hatte ich auf diesen Reisen das Gefühl durch ein sterbendes Land zu fahren. Kam ich in Westberlin an, atmete ich auf. Wie zum Ausgleich warf ich mich freudig in die verführerische Hektik kapitalistischen Großstadtlebens.
Es gab auch anderes, ausschließlich auf kultureller Ebene und verbunden mit besonderen Persönlichkeiten. Ungetrübten Blicks richteten sie ihr Streben auf das ihnen Gemäße, Kunst und Kultur. Dafür standen sie entschlossen ein, trotz der lauernden Verfolgungsgefahr. Diese Menschen und ihre Leistungen, die so ganz unpolitisch politisch waren, imponierten mir. Das Ästhetische als Widerständiges! Während eine ganze Gesellschaft mit samt ihrem aufgeblasenen Staatsgebilde platzte wie eine Seifenblase, war und ist ihr Werk nach wie vor von Bestand.
Heute frage ich mich, aus welchem Grund ich in eine ostdeutsche Metropole reisen sollte? Sicher nicht wegen der ”abwechslungsreichen” Architektur sozialistischer Prägung.

Überzeugungen sind unbewiesene Annahmen im Gewand gläubiger Beweiskraft. Man hat sie vor allem (wie manch anderes im Leben auch), um sie zu prüfen und gegebenenfalls aufzugeben.

Erkenntnis benötigt weniger Überzeugungskraft als Willensstärke.

Das stärkste Selbstbewusstsein, immer der Gefahr der Selbstübersteigerung ausgesetzt, ist geboren aus Mangel (den es zeitlebens auszugleichen sucht).

Man lerne beizeiten mit dem Ungewissen zu leben, obwohl man das eigentlich nicht lernen kann (ist doch das Ungewisse - allem menschlichen Dasein angehörig - aneignungsfremd).

Man hätte ihn als leichtsinnig bezeichnen können, leichten Sinnes, wäre da nicht sein Hang gewesen zu Gedankenschwere und Tiefsinn. Wo ihn die eine Neigung in die Pflicht nahm, entband ihn die andere wohltuend von ihr. So war es ihm scheinbar aufgegeben, das Leben, sein Leben, leicht zu nehmen und zugleich schwer an ihm zu tragen.

Kitsch ist das Banale im Gewand überdrehter Erscheinungsform, der wahrnehmbar gewordene schlechte Geschmack, Ausdruck sentimentaler Leidenschaften, die das Reale in verniedlichende Formen gießen, also Indifferenz von Erscheinungsbild und Inhalt, massentauglich.

Praxis ist die Schule der Kunst, wie des Lebens allgemein.

Bevor ich einen Gedanken niederschreibe, muss er eine gewisse, wenn auch nicht erschöpfende Klarheit in mir gewinnen. Manchmal findet sich diese auch erst im Schreiben selbst (als ob Worte in der Lage wären den Weg zu weisen), und unter Umständen lässt sie sich dazu hinreißen, etwas ganz anderes sichtbar zu machen, als ursprünglich von mir gedacht. Welch’ Überraschung denke ich mir dann, welch’ Glück.

Über dem Produktiven steht noch etwas anderes (wie Friedrich Nietzsche meint). Ich vermute, es handelt sich dabei um etwas Einsichtsvolles.

Angesichts mancher Einsicht fühlst du dich klein. Nichts kann dich dann wieder wachsen machen, als ein Einsehen mit dir selbst.

Zügellosigkeit ist kein Kennzeichen von Künstlertum (wenn auch mitunter Begleiterscheinung), sondern (nicht zu verurteilendes) Erscheinungsbild einer haltlosen Persönlichkeit.

Kunstinteressierte sollten in der Bildenden Kunst nicht mit prozessualen Aspekten überfrachtet werden. Sie sollten in Ruhe sich beschäftigen können mit dem, was sie wahrnehmen, was sie anspricht und in ihnen ein Echo auslöst.

Kunst als Wiederholungstat und Erneuerungsstreben.

Künstler kann man nicht von Berufs wegen sein. Alles Berufsmäßige ist erlernbar, im Bereich der Kunst zum Beispiel Malen, Zeichnen, Tanzen, Töne setzen, Worte, usw. Das Künstlerische aber, Geschenk an KreativMenschen, kann man nicht lernen. Es ist oder es ist nicht.

Die objektive Beurteilung des eigenen Werks durch Nahestehende (und/oder Freunde) wäre nur möglich, wenn die Verbundenheit ruhte, man sich für die Zeit der Kritik fremd sein könnte, also nie. Trotz allem könnte auch befangene Kritik hilfreich sein, sofern sie zur Sprache käme und als befangen erkannt würde.

Ich glaube, ich habe im Rahmen meiner gestalterischen Tätigkeit bislang kein Werk geschaffen mit Blick auf einen Interessenten oder Käufer. Ich bin weitgehend eigenen Impulsen und Bildideen gefolgt, nicht ohne Anregung von außen, aber ohne Absicht im Hinblick auf spätere Verwertbarkeit. Insofern muss ich mich nicht wundern, wenn meine Arbeit nur mäßig nachgefragt ist. Ein Publikum spielt innerhalb meines Tuns eigentlich keine Rolle, ist aber willkommen.

Kunst und Notwendigkeit passen nicht recht zusammen. Was wäre denn notwendig an der Kunst (im Sinn der Worte: Not wenden)? Kennzeichen ernsthafter Kunstäußerungen ist ja gerade, dass sie sich um nichts scheren, außer um sich selbst, und damit in Reinheit auf den Punkt bringen, worum es sich beim Kunsterlebnis in Herstellung und Betrachtung handelt: um ein Spiel um des Spieles willen (siehe Friedrich Schillers Aussagen in seinen ”Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen”).

Die Bildnotwendigkeiten einer Komposition verlangen nach absichtslos-absichtsvoller (oder absichtsvoll-absichtsloser) Behandlung, ein fantasievolles Kreativunterfangen, so sinnvoll wie zweckfrei.

Jedes Kunstwerk trägt einen Aussageaspekt in sich, der mit der Fähigkeit seines Schöpfers, etwas aussagen zu können, in unmittelbarer Verbindung steht.

Wie verabscheute er zeitlebens Personen, die sich effektvoll in Szene setzen konnten. Meist hatten sie wenig zu sagen im Gegensatz zum großen Stil ihrer Äußerungen. Und wehe er kratzte am Lack. Sofort war die Stimmung verdorben und er der Spielverderber (der es gewagt hatte den schönen Schein zu trüben und entgegen allgemeiner Stimmung das dahinter Liegende zum Vorschein zu bringen).

Um Gehör zu finden, musst du dich zu Gesicht bringen, und um gesehen zu werden, zu Gehör.

Auf der Oberfläche meiner Äußerungen kann man mich ablesen in Trug und Schluss und weiß doch nicht, ob ich es bin.

Wir brauchen keinen Gott und wir brauchen keine Engel, wir brauchen Menschen.

Ich kann einen Menschen, der entschlossen ist sich umzubringen, nicht daran hindern. Ich habe auch kein Recht dazu.

Eine gewisse Unschärfe in Kunstäußerungen fördert den Scharfblick. Wo alles scharf gestellt ist schon im Werk, bleibt nichts mehr übrig zum Fokussieren.

Widersprüchliches findet sich häufig nicht im Bildlichen der Kunst, sondern im Inneren des Betrachters.

Nach wie vor stellt der kreative Einfall ein geheimnisvolles Phänomen dar, hirnphysiologisch zu dokumentieren, aber als zufallendes Erlebnis metaphysisch entzogen.

Gelingen hat wohl vor allem mit Übung zu tun, außer dort, wo es auf ein Gelingen nicht (oder nicht mehr) ankommt.

Die Kunst in der Kunst Absicht absichtslos erscheinen zu lassen, was nicht ohne Zufall funktioniert, ob zerebral oder metaphysisch vermittelt, oder beides miteinander gekoppelt.

In der Kunst korrespondiert technische Fertigkeit mit persönlichem Ausdrucksvermögen. Die Gewichtung mag variieren, an der Korrespondenz aber ändert das nichts.

Nimm’ die Gunst des Augenblicks in die (schaffende) Hand. Bewahre die Heilsamkeit der Gegenwart.

Ein zu großes Zeitfenster läuft Gefahr die Zeit zu übersehen (die dem eigenen Leben zur Verfügung steht).

Zurück geht der Blick, desinteressiert an der Gegenwart. Allzu viel Oberfläche und darunter Nebensächliches, zu Hauptsachen aufgebläht und mit schaler Wichtigkeit dekoriert. Unter geht darin die Zeit und ihr Vergehen macht Angst.

Der Mensch ist ein heillos forschungsorientierter Aufklärer, der gegenwärtige unbedingt. Entwicklungsgeschichtlich war er das immer. Nichts entgeht seinem Interesse, und wo dieses nicht erkenntnisbildend fündig werden kann, wirft es eher ein Nochnicht als ein Nie in die Waagschale.

Erkenntniszunahme bedingt Geheimnisverlust. Das Leben gewinnt, das Leben verliert. Aber worin besteht sein Reichtum?

Wo kein Gott, da keine Metaphysik. Allenfalls noch Sehnsucht nach einem Erleben, das man verloren hat oder verloren zu haben glaubt und das vielleicht immer schon eine Illusion war.