Jan 2019

Was du nicht wahrnehmen kannst, existiert nicht für dich. Aber kannst du daraus auf absolute Nichtexistenz schließen?

Mein autobiografisches Potenzial liegt in meiner Fähigkeit mich zu erinnern. Sollte sie mir nach und nach verloren gehen, schrumpft dieses Vermögen gegen Null und ich mit ihm.

In Sachen Glück sind wir mehr Absender als Adressaten.

Augenblicklich drängt eine noch zarte Sonne ins teilentlaubte Geäst eines Baumes vor meinem Fenster und erfasst, von oben nach unten gleitend, zunehmend seine ganze Gestalt. Vorübergehend scheint es mir, als ob diese lichtvolle Sensation meine Zeit wie nebenbei zum Stillstand brächte.

Mein bildnerisches Ausdrucksvermögen verdanke ich dem Geschick meiner Hände, geschickt im doppelten Sinn des Wortes.

Meine Sätze sind so originär nicht. Andere haben möglicherweise Ähnliches gesagt, an anderer Stelle, zu einem anderen Zeitpunkt. Aber vielleicht liegt in der Art wie ich über das zu sprechen versuche, was mich bewegt, genügend Eigenheit.

Teil bin ich und gebe Anteil, wissend, dass mir nicht gehört, was ich zu wissen meine.

Eine Welt ohne Kinder wäre eine Welt, die sich nicht im Blick hätte.

Sein Liebesirrtum war, dass er sinnliche Anziehungskraft mit Liebe verwechselte. Erst spät, fast zu spät, erkannte er, dass große Liebe immer ein Zukunftsprojekt ist.

Ein Werk kann in eine Phase des Stillstands geraten. Zwar ist ein gestalterischer Dichtegrad in ihm angelegt, aber er reicht (noch) nicht hin für einen Abschluss. Nun wartet es und man selbst zögert, wissend, dass jede weitere Manipulation - und man kann ihr nicht ausweichen, will man vorankommen - die Lösung sein könnte, aber auch ein verpfuschtes Ende.

Das Wort Liebe ist die schillernde Projektion des Menschen, um das Zusammensein mit einem anderen Menschen zu beglaubigen.

Und so eilen sie insiderbeflissen von Highlight zu Highlight und sind doch nichts anderes als gern gesehene Konsumenten von Kunstartikeln. Ihre ästhetische Betroffenheit reicht bis zum nächsten Regal, wo weitere, animierend verpackte Produkte warten, in die sie erwartungsvoll und sehnsüchtig (das immerhin) hineingreifen, auf der Suche nach der nächsten Sensation.

Gleich einem Chamäleon, das in der Farbgestalt seiner Umgebung untertaucht, richtet er
sein ästhetisches Empfinden aus, und nicht nur das.

Liebe ist eine Übereinkunft wem auch immer zu Liebe.

Nachts erscheint mir Vincent und hält mir sein Ohr hin. Wir setzen uns an seinen Tisch da unten im Süden und ich nähe ihm sein Ohr an. Er lacht, wie er vielleicht nur mit seinem Bruder gelacht hat, und schenkt mir Absinth ein. ”Die Farben müssen Geschmack haben”, höre ich ihn noch sagen.

Schicksal ist die zufällige Ereignisdichte unseres Lebens, die wir mittels Vernunft vergeblich zu durchdringen versuchen.

Auch ich glaube an Wunder, obwohl ich überhaupt keinen Anhaltspunkt dafür habe.

Im Anschein des Bildes liegt seine Bedeutung.

Transzendenz im Werk entspricht in etwa der transzendenten Möglichkeit dessen, der es hervorbringt. Dabei liegt im Schaffen selbst schon transzendentes Potential.

Es gab in seinem Leben durchaus Menschen, die ihm eine Brücke gebaut, sogar schützend ihre Hand über ihn gehalten hatten. Meist hatte er das erst hinterher bemerkt, am Ausbleiben negativer Konsequenzen, und war dann entsprechend froh und dankbar gewesen. Unvergessen der Lehrer, der ihn mit einer großzügigen Benotung wohlwollend eine wichtige, ja lebenswichtige Prüfung hatte bestehen lassen. Aber auch das Gegenteil hatte er kennengelernt, die Neigung zu schaden, warum auch immer, der beizeiten geschickt auszuweichen er nie lernte.

Auch machte er sich gerne kleiner als er war. In der Annahme weit hinter dem zurück geblieben zu sein, was er sich vorgenommen hatte, ließ er kein gutes Haar an sich. Zu sich zu stehen, auch im Zweifel, war seine Sache nicht, wohl, weil man zu Zeiten, als es dringend nötig gewesen wäre, nur halbherzig zu ihm gestanden war.

Mitunter, wenn ich mir begegne, kann ich mich ganz gut leiden.

In künstlerischer Hinsicht ist absichtsloses Tun zu bevorzugen.

Du fußt auf Vergangenheit, aber bist für die Zukunft gemacht. Gegenwärtig hast du nichts zu suchen.

Das Wesen religiösen Bezugs ist seine grundlegende Offenheit.

Man bedarf der Askese wie der Ausschweifung in je eigenem Verhältnis.

Kunst braucht Förderer und stellt Forderungen. Sie ist niemandes Kind, aber spricht das Kind im Menschen an und seine (vielleicht verborgenen) Träume.

Kunst realisiert sich wesentlich auf der Basis werktechnischer, zu Automatismen gewordener Abläufe. Sie erschöpft sich allerdings nicht darin.

Der Weg kann Ziel sein, aber das Ziel niemals Weg. Ein feiner, aber bedeutender Unterschied.

Eine große Herausforderung für künstlerisch tätige Menschen (desto größer, je intensiver, das heißt ausschließlicher, sie sich ihrer Profession hingeben): den mit der eigenen Arbeit notwendigerweise verbundenen Absolutheitsanspruch nicht auf andere zu übertragen. Wer Kunst schafft, sollte nicht darauf hoffen verstanden zu werden (er ist im Grunde ja schon erkannt durch das Geschaffene selbst).

Nicht unbedingt ziehen wir aus der Tatsache unserer Sterblichkeit konfessionelle Schlüsse, aber wir entwickeln daraus, mehr oder weniger bewusst, religiöse Fragestellungen.

Die Arbeit am Bild rückt mich zurecht in dem, was ich kann und was ich will. Bin ich angekommen im gestalterischen Eigengebiet, will ich, was ich kann, und kann ich, was ich will.

Wir sind als Individuen Brüder und Schwestern im Geiste spiritueller Bedürftigkeit (die zum Beispiel auch Kunst zu stillen versucht).

Den Gebrauch des Wortes früher verbietet er sich. Das nutzt wahrscheinlich nichts, aber er will kein Historiker in eigener Sache werden. Dass er mittlerweile mehr Vergangenheit verkörpert als Zukunftspläne, ist eine nicht mehr weg zu diskutierende Tatsache, die numerisch zu belegen ist. Und sein Erinnerungsvolumen hat noch Potential, geistige Gesundheit vorausgesetzt. Die Rückblicke kommen ungefragt. Er muss sich um sie nicht bemühen. Ereignisse, die er längst vergessen glaubte, treten plötzlich plastisch in sein Bewusstsein und er fragt sich vergeblich, warum. Die Einstellung ’jetzt ist früher wie morgen’ wäre hilfreich, ist aber eigentlich unhaltbar.

Man muss Unmögliches wollen, um Mögliches zu verwirklichen (Ernüchterung inklusive).

Mein sinnlicher Weg ins Geistige, frei von Askese, aber nicht ohne Disziplin.

Die Sinnerfüllung eines Lebens ist zuallerletzt ein Thema der Vernunft, aber durchaus manchmal eine Sache des gesunden Menschenverstands.

Empirismus ist der Versuch menschliche Erfahrung zu objektivieren.

Kunst als ganz und gar metaphysisches Phänomen, gekoppelt an einen unmittelbaren Sinneseindruck.

In einem meiner Schulzeugnisse stand, der Schüler sei verträumt und beteilige sich nicht am Unterricht. Damals ein Anlass zur Sorge, vor allem für meine Mutter, heute eine Auszeichnung, in meinen Augen.

Schon bald wurde mir klar, dass ich, was ich in den eigenen vier Wänden nicht gebacken bekäme, auch an anderem Ort nicht in der Lage wäre zu backen. Seitdem rührte ich mich nicht mehr vom Fleck.

Wille ist die Chance, dem Leben etwas Besonderes abzugewinnen.

Augenblicklich beeindruckend der schlichtweiße Kaffeebecher, in dessen glänzender Oberfläche sich der Umraum zart abbildet. Dass es einmal Menschen gab, deren Wille es war und Können, Spiegelungen auf Gefäßen malerisch wiederzugeben.

Schön ist, was mir gefällt, auch wenn das der Schönheit egal ist, vermutlich. Sie ist, was sie ist, in jedem Fall nicht angewiesen auf meine Begutachtung. Doch gefällt es mir manchmal hinzuschauen und zu staunen.

Der Körper steht dem Willen ein Leben lang zur Verfügung, erduldet mit Langmut dessen manchmal allzu kurzsichtige Vorhaben, bis er eines Tages mit müder Geste den Dienst einstellt, und wir, im guten Fall, nicht einmal mehr Zeit haben darüber zu erschrecken.

Eigenheit - betrachtet man sie überhaupt als etwas Erstrebenswertes - verdankt sich Eigenleistung.

Man ist sensibel, nicht weil man besonders zu beeindrucken ist, sondern weil man auf Eindrückliches in besonderer Weise reagiert.

Einmal fragte ihn jemand, woran er erkennen würde, dass ein Werk vollendet sei, und er gab zur Antwort: wenn es fertig ist, dann weiß ich, dass es fertig ist.

Zu Werk und Person gibt es nicht mehr zu sagen, aber auch nicht weniger.

Richte Deinen Blick mehr auf dich, denn die Tragik deines Lebens (wie das der anderen) könnte am Ende darin bestehen, dass man nach dir fragt und du nicht zu antworten weißt.

Von sich selbst kommt man nicht los. Nur im Tod. Aber dann ist man nicht mehr der, von dem man loskommen wollte.

Künstlerische Arbeit fällt mal leicht, mal schwer. Am Ende überwiegt das zur Erfüllung führende.

Kunst ist eine Sache der Anmutung, einer maßgeblichen insbesondere.

Wenn ich male, reduziere ich meine Möglichkeiten auf ein Bild. Habe ich ein Bild beendet, stehen mir alle Möglichkeiten offen.

Man ist in der Anschauung des eigenen Lebens immer befangen. Deshalb sollte man sich mit entsprechenden Aussagen nicht selbst belasten. Es gilt immer die Unschuldsvermutung.

Integrität kann Sache aktiven Verzichts sein, individuelle zumal.

Kunstschaffende sind von ihrem Werk nicht zu trennen. Und wie die Fähigkeiten eines Menschen - sei er noch so begabt - ungleich verteilt sind, zeigt sich auch sein Werk qualitativ uneinheitlich in Form und/oder Inhalt. Was posthum bleibt, ist die Summe eines meist lebenslangen Schaffensprozesses, die in unterschiedlicher Dichte eine berührende, vielleicht verstörende Biografie umreißt, die anders nie hätte so mitgeteilt werden können.

Transzendenz ist das Geschenk eines Weges ins Nirgendwo.

Die Verheißung absoluter Freiheit ist eine Illusion, die sich besonders am Ende eines Lebens als solche entlarvt.

Man kann in einem Kunstwerk bis ins kleinste Detail alles erklären, ohne ihm im Wesentlichen wirklich nahe gekommen zu sein. Das spricht nicht gegen Analyse, sondern markiert ihre im Kunstgebiet durch das Kunstgebiet selbst beschränkten Möglichkeiten. Oder anders gesagt: Kunst ist Kunst durch Kunst (was ich an anderer Stelle schon einmal geschrieben habe).

Wahres setzt sich zwischendrin, wie beiläufig ins Bild, ungefragt, aber doch gesucht.

Man hat doch immer das Bestreben zum Ausgleich, mit sich selbst und mit seiner Umgebung. Leicht wird das Trennende übersehen, der Spalt, der einen selbst durchsetzt, die schier unüberbrückbare Kluft zum anderen. Doch was, wenn nicht das Geschiedene, könnte Ausgangspunkt sein für eine Verbindung?

Er hatte ein Bild gesehen und seitdem mit Akribie versucht ihm gleichzukommen. Doch musste er betroffen feststellen, dass er allenfalls sich selbst gleichen konnte, was ihm schwer genug fiel.

Man sollte wissen, was einen ernährt, geistig-seelisch und körperlich. Man kommt da mit relativ wenig aus, sofern die Qualität stimmt.

Stille ist eine Fata Morgana des im Übermaß Beschäftigten. Ruhe, ja, aber Stille?

Im Kunstgebiet ist Größe nicht unbedingt gleichzusetzen mit Inhalt, aber auch nicht voneinander zu trennen. Je bestimmt die Dimension eigenen Erlebens das Verhältnis, objektiv ganz und gar subjektiv.

Die Kunst an der Kunst entzieht sich mehr, als dass sie sich zeigt, obwohl sie in besonderer Weise sinneseindrücklich ist. Man meint zu sehen, zu hören, zu fühlen allgemein, bewegt sich aber an der sinnfälligen Oberfläche. Zu Zeiten, unvorhergesehenen, wird sie durchlässig und wie zufällig ist dann Kunst im Gespräch.

Ich schreibe gern. Aber manchmal weiß ich nicht, was ich schreiben soll. Also schreibe ich, was zu schreiben ich nicht weiß, und erkenne im Schreiben den Sinn. Manchmal auch ist der Sinn vorher da und ich muss nur noch die richtigen Worte finden. Meist aber mischen sich Sinn und Begriff zu einer süß-salzigen Deutungsmasse, die ich zu spärlichen Sätzen ausziehe und auf meine Zeit verteile.

Schau nach bei deinen Fähigkeiten. Nicht, dass du sie übersiehst und dich am Ende fragen musst, wo sie geblieben sind.