„Von Bild zu Bild“
Bild-Objekte, (Sur)Faces und Situationen

Einführung zur gleichnamigen Ausstellung
Haus der Begegnung Ulm
20.05.2007 - 13.07.2007



Während der Vorbereitungsphase zu dieser Ausstellung ging mir immer wieder ein Begriff durch den Sinn. Eigentlich ein Doppelwort.

Die eine Hälfte lautet Kultur. Kultur, ein unverzichtbarer Bestandteil gegenwärtigen, gesellschaftlichen Lebens. Kultur, ein allgemeines Luxusgut, das zeitweise über das Gewohnt-Alltägliche hinauszuheben vermag. Kultur, ein Freiheitsgefühl besonderer Selbstvergessenheit, das der Mensch sonst im Leben eher selten erfährt. Kultur, eine Selbstverständlichkeit, ohne selbstverständlich zu sein.

Etymologisch betrachtet stammt das Wort Kultur vom lateinischen Cultura ab. Dieses wiederum geht auf das lateinische Verb colere gleich pflegen, bebauen zurück. Das Pflegen bezog sich ursprünglich auf Ackerbau und Viehzucht, auf das Stillen materieller Bedürfnisse. In Folge erfuhr die Qualität des Pflegens bedeutende Erweiterung. Eine “Cultura Animi” entwickelte sich, eine Kultur des Geistes, der Seele, des Herzens. Sie entspricht der in der Bibel ausgesprochenen Erfahrung, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt.
Verwandt mit Kultur ist der Kult oder Kultus, auch er ein Abkömmling vom besagten lateinischen Verb colere (pflegen, bebauen). Im Kult wird Religion gepflegt, Religio, Rückbindung, Ausdruck der menschlichen Sehnsucht nach einem umfassenden Zentrum, auf das sie sich beziehen kann (in unserem Kulturkreis mit dem Wort Gott bezeichnet).
Eine Gesellschaft benötigt zum Gedeihen fördernde Lebensbedingungen. Kultur stellt diese her und ist doch selbst, um überhaupt wirksam werden zu können, unmittelbar auf Förderung angewiesen.

Die andere Hälfte des Doppelwortes lautet Bild. Bilder sind für den Menschen der Gegenwart eine Selbstverständlichkeit. Von Bildern ist er täglich umgeben. Die Gegenwartsmedien stellen den Menschen eine schier endlose Menge an Bildproduktionen und Bildreproduktionen zur Verfügung. Angesichts dieser Tatsache, geraten Bilder ins Zwielicht. Bildbejahung oder Bildverneinung? Ein alter Streit wird wieder aktuell.

Bild und Kultur: Bildkultur. - Ob die Gegenwart darüber verfügt, ist fraglich. Dass Bildkultur eine Aufgabe darstellt, ist dagegen sicher. Ihr Augenmerk richtet sie sinnvollerweise auf Qualität weniger auf Quantität. Nicht wie viele Bilder lautet die Frage, sondern welches Bild.
Welchen Stellenwert besitzen Bilder überhaupt in meinem Leben? Wie verhalte ich mich ihnen gegenüber? Bin ich offen für einen kritisch-konstruktiven Dialog, gerade auch wenn sie sich sperrig und unzugänglich zeigen wie das im Zusammenhang mit zeitgenössischer Kunst durchaus möglich ist? Erlebe ich diese Konfrontation als Anregung, als Bereicherung meines Daseins?

Aktivität, Regsamkeit des Herzens, Aufmerksamkeit nach Aussen und Innen: Ein Bild sehen, heißt auch und vielleicht gerade, einzutauchen in ein gebildetes, gestaltetes Ereignis, das die Fähigkeit birgt, in mir zu bilden und zu gestalten. Dieses Erleben ist ein Wagnis, gleicht es doch einem offenen Frage- und Antwortspiel. Und wie das nun mal zum Spiel dazu gehört, ist dessen Ausgang ungewiss. Bilder beginnen zu sprechen, wenn ich ihnen zuhöre. Bilder geben Antworten, wenn ich ihnen Fragen stelle. Bildkultur ist ein Kommunikationsprozess.

AFG 20.05.2007