Ästhetische Praxis und Künstlerischer Dialog


Die Gegenwart ist geprägt von einem vielfältigen, künstlerischen Reichtum. Wohl zu keiner Zeit nahm die Kunst einen so umfassenden Stellenwert in der Gesellschaft ein wie heute. In früheren Zeiten nur einem vergleichsweise kleinen, ausgewählten Kreis von Personen weltlicher wie kirchlicher Macht zugänglich, ist Kunst in der Gegenwart kulturelles Allgemeingut geworden. Text-, Musik- und Bildherstellung laufen auf Hochtouren. Ihre Produkte sind zu jeder Tages- und Nachtzeit verfügbar. Rund um die Uhr können wir Musik hören, Filme sehen, Bücher lesen. Kunsthallen und Kunstvereine überbieten sich mit Ausstellungshighlights, desgleichen die Medien mit der Vielzahl ihrer konkurrierenden, kulturellen Angebote. Das Internet trägt zusätzlich dazu bei, entsprechendes, akustisch-visuelles Material in Umlauf zu bringen. Ein klärendes Was-Wo-Wie ist schon auf regionaler Ebene eine Zeit raubende Angelegenheit, von einer qualitativen Sichtung der Inhalte ganz zu schweigen. Wir sehen uns vielfältigen kulturellen Ambitionen verschiedener, häufig kommerziell ausgerichteter Interessen und Interessengruppen ausgesetzt. Wir registrieren einen Kunstüberfluss, der der allgemein überbordenden Konsumgütermenge in unserer Gesellschaft entspricht. Auch im Bereich der Kultur sind wir als Konsumenten ein erheblicher Wirtschaftsfaktor geworden. Der Begriff Kunstinflation drängt sich auf. Inflation wiederum bedeutet Wertverlust. Was macht aber den Wert von Kunst aus und was hat er mit uns zu tun?

Die unübersichtliche, unüberschaubare Kunstlandschaft der Gegenwart erschwert die Beantwortung dieser Frage erheblich. So individualisiert sich der moderne Mensch zeigt, so individuell unterschiedlich präsentieren sich auch seine Kunstäußerungen. So spiegelt Zeitgenössische Kunst schier grenzenlose persönliche Freiheit, weniger bis gar nicht (im Gegensatz zur Vergangenheit) dagegen eine klar definierte gesellschaftliche Übereinkunft. Die Zeiten allgemein gültiger Regeln für Kunstherstellung und Kunstbetrachtung scheinen vorbei zu sein. Ein verbindliches Regelwerk für Kunstausbildung und Kunstausübung ist fragwürdig geworden und wird kontrovers diskutiert. Unklar ist auch (trotz astronomischer Preissteigerungen für Gegenwartskunst) wie Kunstprodukte, die in Folge auf den Kunstmarkt gelangen, qualitativ einzuordnen sind. Am Beginn des 21. Jahrhunderts existieren so viele Kunstwahrheiten wie Künstler. Jedem Menschen seine eigene Kunst, könnte man sagen. Der Spekulation ist damit Tür und Tor geöffnet.

Es gilt, Kunst einer kritischen Untersuchung zu unterziehen, von Kunstwerk zu Kunstwerk, von Künstlerperson zu Künstlerperson. Diese relativierend-pragmatische, auf individuelle Intentionen zielende Einstellung scheint situationsgerecht und undogmatisch zu sein. Doch läuft sie Gefahr, Gegenwartskunst, trotz interessanter und erhellender Aspekte, ins Kreuzfeuer einer abstrakt-intellektuellen Kunstkritik zu stellen, die eine profunde Kenntnis prozessualer Aspekte künstlerischen Arbeitens außer acht lässt. Dem wenig erhellenden Kunstpalaver wird dabei mehr Bedeutung beigemessen als der Präsentation und Visitation von Kunst selbst, die noch dazu einem trendigen, konsumfreundlichen Thema zu gehorchen hat oder einfach nur konfrontieren, bzw. schockieren will. Kunst läuft Gefahr zu einem bloßen Katalysator zwar anregender, aber folgenloser Kommunikation zu werden. Ihre unmittelbar wirkende Substanz, ihre existentielle Dimension, ihr Wesen geraten ins Abseits. Damit droht Kunst dem Menschen als erkennende Daseinsform und dieses Dasein formende Erkenntnis verloren zu gehen.


1) Kunst als ästhetische Fragestellung

Im Zusammenhang mit kunstkritischen Äußerungen begegnet alsbald der Begriff Ästhetik. Kunstkritik als hinterfragende Auseinandersetzung mit Kunst fällt unter ihr Fachgebiet. Es nähert sich der Kunst eher philosophisch, ist also gedanklicher, denkender Natur, weswegen es auch als Kunstphilosophie bezeichnet wird.
Ästhetik also zunächst als Lehre von der Kunst, vom wirkenden Erscheinungsbild künstlerischer Äußerungen aller Art. Synonyme Bedeutungen wären: Stilempfinden, Formgefühl, Geschmack, Kunstverständnis. Auch als Lehre vom Schönen wird und wurde Ästhetik aufgefasst. Schön meint dabei Kunst, denn Kunst wurde neben der Natur über viele Jahrhunderte als würdigste Vertreterin des Schönen im menschlichen Lebenszusammenhang angesehen. Die Gegenwart hat, auf Grund des Verlustes verbindlicher Konventionen, allerdings erhebliche Schwierigkeiten mit dem Begriff Schön. Was denn schön sei, vermag sie nicht mehr so ohne weiteres zu bestimmen. Darüber hinaus betont gerade zeitgenössische Kunst oftmals die Hässlichkeit als Gegenpol des Schönen und trägt mit dieser Polarisierung zu einer zusätzlichen Relativierung des Begriffs des Kunstschönen bei.
Eher abfällig wird der Begriff Ästhetik für Schöngeisterei, überzogenen Schönheitssinn, gebraucht, wenn Schönheit also zum Selbstzweck wird. Wir sagen dann zum Beispiel: “das ist mir zu ästhetisch”, wenn wir etwas als überzogen schön empfinden, oder; “der ist ein Ästhet”, wenn wir einen Menschen charakterisieren, der nur die angenehmen und schönen Seiten des Lebens gelten lassen will.

Ursprünglich leitet sich der Begriff Ästhetik aus dem Griechischen ab: Äisthesis gleich Sinneseindruck, Sinneswahrnehmung. Alles, was unsere Sinne beeindruckt und über sie von uns in unserem Inneren als Sinnesempfindung wahrgenommen wird, ist Inhalt von Aisthesis. So verstanden greift der Forschungsbereich Ästhetik weit über Kunst hinaus, kann sich letztlich auf alles erstrecken, was sich unseren Sinnen anbietet. Trotzdem stand und steht vor allem Kunst bis heute im Zentrum ästhetischen Fragens, stellvertretend für das weite Gebiet sinnlicher Wahrnehmung.

Aristoteles war wohl der Erste, der sich gezielt mit dem Thema Sinneswahrnehmung auseinandergesetzt hat. An seinen Forschungen, unter anderem zu Dichtung, Musik und Bildender Kunst, hat es bedeutenden Anteil. Ausgehend von seinen Untersuchungen lassen sich drei Aspekte von Aisthesis voneinander unterscheiden: der Wahrnehmende als subjektive, das Wahrgenommene als objektive und das Wahrnehmen als prozessuale Komponente. Auf Ästhetik im Sinne wissenschaftlicher Erkenntnis übertragen, bedeutet dies, dass für eine ästhetische Aussage, ein ästhetisches Urteil, immer dreierlei verantwortlich zeichnet: ein Mensch, der wahrnimmt, ein irgendwie geartetes Etwas, das wahrgenommen wird (dabei kann es sich auch um den Menschen selbst handeln im Sinne von Selbstwahrnehmung), und der wechselweisen Interaktion zwischen beidem, dem Wahrnehmungsprozess.
Aus einem ähnlichen Dreiecksverhältnis heraus realisiert sich auch Kunst: Künstler gleich wahrnehmend-handelndes Subjekt, wie auch immer beschaffenes Material gleich wahrgenommen-behandeltes Objekt, Wechselwirkung zwischen beidem gleich Gestaltungsprozess. Schon allein auf Grund dieser Übereinstimmung stellt Kunst ein besonderes Forschungsfeld ästhetischer Betrachtung dar: Ästhetik als reflexiv-produktive, Kunst als produktiv-reflexive Verarbeitung von Wahrnehmungsinhalten.

Seit der Antike rückte Kunst in ihren unterschiedlichen Verwirklichungsformen wie Architektur, Malerei, Bildhauerei und Plastik, Musik, Dichtung und Schauspiel, nach und nach, über die Jahrhunderte bis heute, ins Blickfeld der Forschung. Dabei kamen zwischenzeitlich weitere künstlerische Erscheinungsbilder hinzu wie Fotografie, Film und neuerdings computerbasierte Ausdrucksformen. Kunst wurde als Schönes, Schönes als Kunst erkannt. Die Erkenntnis des Schönen, der Kunst, wurde eine Wissenschaft, genannt Ästhetik.
Alexander Gottlieb Baumgarten, ein Theologe und Philosoph des 18. Jahrhunderts, markierte den nicht unumstrittenen Eintritt der Ästhetik in den Bereich der Wissenschaft. Sein unvollendet gebliebenes Hauptwerk “Ästhetica” basiert auf einer Theorie des Kunstschönen als Wissenschaft sinnlichen Erkennens. Im Rahmen dieses Erkennens wird der Rationalität wissenschaftlicher Forschung eine Gefühls- und Empfindungslogik im Umgang mit den Phänomenen menschlicher Sinneserfahrung zur Seite gestellt. Alexander Gottlieb Baumgarten kreierte in diesem Zusammenhang den Begriff “Ästhetikologie”.

Diese Sinneserkenntnis zeigt sich freilich immer an einen wahrnehmenden Menschen gebunden. Sie besitzt daher mehr oder weniger individuellen Charakter, bezieht unter Umständen persönliche Vorlieben und Präferenzen eines Wahrnehmenden mit ein. Und sie muss sich in die abstrakte Allgemeingültigkeit der Sprache kleiden, um vermittlungsfähig zu sein. Ästhetik als Sinneswahrnehmungswissenschaft wandelt daher auf einem schmalen Grat zwischen anschauender und theoretischer Erkenntnis. Sie muss sowohl das subjektiv-individuelle Wahrnehmen des einzelnen Menschen berücksichtigen als auch die objektiv-allgemeinverbindliche Abstraktion von dieser Wahrnehmung in Form von Worten und Begriffen. Maßeinheiten sind der Ästhetik eher fremd, eine eindeutige Behandlung ihrer Themen im Sinne mathematischer Klarheit eines 2 x 2 = 4 fällt ihr schwer. Im Gegensatz zu den empirisch-exakten Naturwissenschaften liebt sie eine gewisse interpretatorische Unschärfe, die ihr von Kritikern gern als spekulativer Makel angekreidet wird.
Die wissenschaftliche Vorgehensweise ästhetischen Fragens lässt sich treffend als Kontextualisierung, als spezifische Art eines Ins-Verhältnis-Setzens auffassen. Die daraus sich ergebende Erkenntnis ist im Bereich hoher Wahrscheinlichkeit, authentischer Glaubwürdigkeit wie artifizieller Stimmigkeit beheimatet.

Im Sinne einer Wahrnehmungswissenschaft, einer Sinneswahrnehmungswissenschaft, können wir alles, uns selbst mit eingeschlossen, einer ästhetischen Untersuchung unterziehen. Immer sind es ja wir, die mit unseren Augen in die Welt blicken, mit all unseren Sinnesorganen ihre Eindrücke empfangen, sie mit Haut und Haaren empfinden. Und immer sind wir es, die gemäß unserer Empfindungen ganz selbstverständlich urteilen. Vom reinen Sinnesreiz ausgehend bedeutet dies, dass wir mit unserem ersten Atemzug, ja schon pränatal, in ein ästhetisches Verhältnis gesetzt sind. Wir entgehen der Ästhetik nicht.


2) Spiel als ästhetische Grundstimmung

Von der Antike bis heute war und ist Kunst in vielfältiger Weise Gegenstand ästhetischer Reflexion. Meist machen sich Philosophen Gedanken zur Kunst und zum Verhältnis des Menschen zu ihr. Eher selten dagegen ergreifen Künstler das Wort. Es scheint, als ob sie, die Experten im Tagesgeschäft der Kunstproduktion, Aussagen über ihr Tun und die daraus resultierenden Werke scheuen. Das ist verständlich, bringen sie doch das, was sie zu sagen haben in ihrem Werk zum Ausdruck. Warum dann noch Worte verlieren?

Eine berühmte Ausnahme Friedrich Schiller. Er dichtete nicht nur freiheitsliebende Dramen, wie “Die Räuber” oder “Don Carlos”, sondern dachte auch tief schürfend über Kunst und Ästhetik nach. Eine seiner kunstphilosophischen Schriften lautet “Über die ästhetische Erziehung des Menschen”. Es handelt sich dabei um Briefe an eine fiktive Person, wahrscheinlich Friedrich Christian von Augustenburg, der ihm 1791 ein dreijähriges Auskommen in Form eines Stipendiums zur Verfügung stellte.
In diesen Briefen, 27 an der Zahl, charakterisiert Schiller den Mensch im Fokus zweier gegensätzlicher Kräfte, von ihm Triebe genannt. Es handelt sich um die spannungsvolle Polarität von Materie und Geist. Ihr Energiepotential steckt Schiller in die Begriffe “Stofftrieb” oder Sinnlichkeit und “Formtrieb” oder Vernunft. Beide Triebe kennzeichnen nach ihm Notwendigkeiten. Der Mensch kann gar nicht anders als sich stofftrieblich, sinnlich, der Welt gegenüber gestellt zu sehen. Er kann seine Sinne nicht abschalten. Sie sind ihm gegeben, eine Art Körperbedürfnis, das ihn als Mensch definiert. Und ebenso pocht in ihm formtrieblich, vernünftig, ein nach Erkenntnis sich sehnender Geist, der ihn ebenso als Mensch kennzeichnet, der gar nicht anders kann, als zu forschen und mittels Begriffen Struktur in die sinnlich sich anbietende, materielle Vielfalt zu bringen. Beide Kräfte beziehen sich aufeinander. Was wäre Materie ohne Geist, was wäre Geist ohne Materie? - Wie könnte sich Vernunft auf etwas richten, wenn es dieses etwas gar nicht gäbe? Wie könnte etwas erkannt werden, ohne ein auf es gerichtetes Nachdenken, Nachsinnen?
Mitunter bekommt der Mensch die spannungsvolle Gegensätzlichkeit dieser Polarität schmerzlich zu spüren, nämlich dann, wenn sein Geist willig ist, das Fleisch aber schwach, oder wenn sein Geist mehr will, als sein Körper zu leisten in der Lage ist. In beiden Fällen ergänzen sich Vernunft und Sinnlichkeit nicht mehr, sie liegen miteinander in Widerstreit.
Als Streit schlichtenden Vermittler, der beide Kontrahenten, Materie und Geist, Sinnlichkeit und Vernunft, in sich begreift, ohne aber Partei zu ergreifen, erkennt Friedrich Schiller einen dritten Trieb, den “Spieltrieb”. Seine Wirkungskraft empfindet der Mensch (mehr als dass er sie erkennt) im freien Spiel Sinn schaffender und sinnlicher Kräfte wie sie sich unter anderen in Kunstschöpfungen, welcher Art auch immer, darstellen. Während aber Sinnlichkeit und Vernunft als Wirkpotentiale eines “Stofftriebs” wie eines “Formtriebs” immer etwas Zwingendes an sich haben, lässt Spiel als Ausdrucksform des “Spieltriebs” den Menschen frei. Das Spiel ist nach Schiller der einzige Bereich menschlichen Daseins und Erlebens, in dem der Mensch sich frei fühlen kann, zumindest vorübergehend, eben solange er spielt. Diese Erkenntnis gießt Friedrich Schiller im 15. seiner Briefe “Über die ästhetische Erziehung des Menschen” in den großen, überwältigenden Satz: “Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.” (Friedrich Schiller, “Über die ästhetische Erziehung des Menschen”, Verlag Reclam Stuttgart 1965, S. 63)
Damit stellt Friedrich Schiller das Spiel als eine den Mensch vervollkommnende Qualität gleichberechtigt neben Sinnlichkeit und Vernunft. Er positioniert es dazwischen als befreienden und frei lassenden Mediator, der die einseitigen Tendenzen von Materie und Geist, von Sinnlichkeit und Vernunft in sich fasst, sie in ihrer Einseitigkeit aufhebt und verwandelt, zum Beispiel in Form von Kunstwerken, wieder entlässt. Das Spiel in dieser vermittelnden Potenz kennzeichnet nach Schiller ein menschliches Bedürfnis, den “Ästhetischen Zustand”.


3) Spiel als künstlerische Grundkonstante

Ästhetik, Kunst, Spiel. Drei bedeutsame Begriffe, die miteinander korrespondieren, sich aufeinander beziehen und teilweise überschneiden.
Ästhetik, ein Forschungsbereich, der alles beinhaltet, was der Mensch über seine Sinne aufnehmen und in Folge erkenntnistheoretisch verarbeiten kann. Dazu zählt auch die Kunst als eigenständiger Bereich der Sinneswahrnehmung.
Kunst wiederum stellt ein besonderes Ereignisfeld des “Spieltriebs” dar, der frei vermittelnd und ausgleichend zwischen den bindenden Kräften der Vernunft und der Sinnlichkeit wirkt, wie Friedrich Schiller in seinen “Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen” beschreibt.

Was heisst nun eigentlich Spielen? Eine Definition könnte zum Beispiel folgendermaßen lauten: Spielen stellt ein absichtsloses und zweckfreies Handeln im Rahmen eines freien Raumes und einer freien Zeit dar zu Gunsten eines absichtslosen und zweckfreien Handelns. Das Spiel birgt damit einen spezifischen Wert ganz für sich, der mehr absichtslose Verwirklichung als gezieltes Wirken auf ein bestimmtes Ziel hin betont.

Spiel bedarf keiner besonderen Voraussetzungen und ist meistens folgenlos. Wir brauchen uns bloß auf es einzulassen, sich ihm und seinem Verlauf zu überlassen. Wir spielen oder wir spielen nicht, ganz wie es uns gefällt. Aber wir können nicht nur ein bisschen spielen, wir müssen es voll und ganz tun.
Auch wenn es frei lässt, ist Spiel nicht grenzenlos. Das liegt an der Wechselwirkung der zwei, von Friedrich Schiller gekennzeichneten Kräfte von Sinnlichkeit und Vernunft, aus deren aufhebender Verknüpfung der “Spieltrieb” dem Spiel zur Existenz verhilft. Spiel enthält auf der einen Seite eine irgendwie geartete, künstliche oder natürliche Stofflichkeit, die uns sinnlich erfreut, anregt, darum zum Spiel reizt und motiviert. Auf der anderen Seite fordert es in seinem Verlauf und im Kontakt mit dem jeweiligen Spielobjekt einsehbare und nachvollziehbare Strukturen, die seinen Ablauf ermöglichen und garantieren.

Die elementare Bedeutung freien Spielens bringt unmittelbar das Kind zum Ausdruck. Das Kind ist Meister des Spiels, seine Kernkompetenz Spielen. Noch weitgehend ohne bewusstes Ziel lebt es sich während des Spielens ganz im Tun aus. Sein Spielbedürfnis kann von allen möglichen Dingen angezogen und angeregt werden: ein kleiner Tannenzapfen verwandelt sich in einen Zwerg, der das Kind auf eine geheimnisvolle Entdeckungsreise mit sich nimmt, ein Stück Holz dient als Boot, mit dem ein reissender Fluss überquert wird, zwei Stühle und eine Decke sind in der Lage, eine rettende Höhle zu verkörpern, die Obdach gibt und bergenden Schutz.
Dem Kind erscheint die Welt noch geheimnisvoll, träumerisch und märchenhaft. Selbstvergessen bewegt es sich darin mit der ihm eigenen Einbildungskraft und entwickelt ganz nebenbei seine Empfindungsfähigkeit. Etwas ungemein Lebendiges teilt sich uns mit (uns, die wir aus diesem Zustand längst herausgewachsen sind), wenn wir an einem solchem Spiel teilhaben. Erinnerung an ein längst vergessenes Gut, das uns wie von Ferne ursprünglich anspricht?
Auf dieses Gut schaute auch Paul Klee, als er sich in einem Gespräch folgendermaßen äußerte: “Ich sage es oft, aber es wird manchmal nicht ernst genug genommen, daß sich uns Welten geöffnet haben und öffnen, die auch der Natur angehören, aber in die nicht alle Menschen hineinblicken, vielleicht wirklich nur die Kinder, die Verrückten, die Primitiven. Ich meine etwa das Reich der Ungeborenen und der Toten, das Reich dessen, was kommen kann, kommen möchte, aber nicht kommen muß, eine Zwischenwelt. Wenigstens für mich eine Zwischenwelt.” (Tilman Osterwold, “Paul Klee Spätwerk”, Arbeiten auf Papier 1937 -1939, Württembergischer Kunstverein Stuttgart, S. 81, zit. aus Felix Klee, “Paul Klee, Leben und Werk in Dokumenten”, Zürich 1960, Gespräch mit Lothar Schreyer, S. 249)
Zu dieser, von Paul Klee skizzierten “Zwischenwelt” haben wir als Erwachsene in der Regel nicht mehr so ohne weiteres Zugang. Es sind wohl die künstlerisch veranlagten Menschen, die diese Fähigkeit mitbringen, sie im Verlauf ihres Lebens bewusst entwickeln lernen und in eine individuelle, schöpferische Tätigkeit einfliessen lassen.


4) Künstlerischer Dialog und schöpferische Kommunikation

Das Schöpferische, Künstlerische, erscheint seltsam geheimnisvoll. Wir spüren es, aber wir können es nicht sehen, nicht hören, auch nicht riechen oder schmecken. Im Zusammenhang mit Kunst verharrt es daher immer etwas im Hintergrund, obwohl es eigentlich grundlegend ist. Zwar sehen wir Kunst, betrachten Bilder vielfältigster Farben und Formen, hören berührende Musik oder lesen ein spannendes Buch. Das darin, in der Kunst, verborgene Künstlerische, Schöpferische, fokussieren wir aber nicht unmittelbar. Die konstituierende Kraft des Schöpferischen kommt uns nur unzureichend zu Bewusstsein. Wir bekommen sie fast nebenbei, fast unbemerkt, geschenkt. Doch ist es gerade diese unsichtbare, schwer zu begreifende schöpferische Energie, die uns in einem Kunstwerk anspricht und fesselt, uns manchmal sprachlos macht und zu Tränen der Freude wie des Schmerzes rühren kann. Sie ist es, die für die Qualität von Kunst verantwortlich zeichnet. Während des Gestaltungsprozesses nähert sie sich, intensiviert diesen zum Künstlerischen Dialog, innerhalb dessen sich Werk realisiert, als Kunstwerk sichtbar wird und von der Anschaubarkeit schöpferischen Tuns zeugt.
Das Schöpferische ist also nicht unmittelbar sinnlich wahrzunehmen. Es wird nur mittelbar, über das sichtbare Kennzeichen gewordener Gestalt, zum Erlebnis. Zwar können wir versuchen empfindungsmäßig auf es zu schließen und es so in eine etwas bewusstere Zone unseres Erkennens verlagern. Es analytisch dingfest machen aber, in unseren intellektuellen Gewahrsam nehmen, können wir es nicht. Auch der Künstler ist dazu nicht in der Lage. Er würde sich eher vom Schöpferischen entfernen, als sich ihm nähern. Oder anders ausgedrückt: das Schöpferische, würde sich in dem Maße entziehen wie er versuchen würden, auf es vereinnahmend zuzugreifen.

Gestalterisches Arbeiten lässt sich mit einem Gespräch vergleichen, einer Art Selbstgespräch an Hand eines Materials. Der Künstler ist darin handelnder Akteur und aufmerksamer Zuhörer in einem. Sein Gegenüber, sein Gesprächspartner, ist ein bildbares Medium, auf das er gestaltend einwirkt und das auf ihn als Gestaltetes im Sinne von Gestaltung gestaltend zurückwirkt. Der erste Gestaltungsschritt bringt diese Kommunikation in Gang. Weitere Schritte folgen. Ein intensiver Austausch nimmt seinen Lauf, wird - sofern schöpferisch - erfahrbare Realität eines Künstlerischen Dialogs.
Im Zentrum dieser Kommunikation steht dabei der lebendige Wechsel von Geben und Nehmen, von gestaltender Aktion und reflektierender Reaktion. Er führt aus diesem Prozess heraus zum Werk, wird im Kontakt mit dem Schöpferischen zum Kunstwerk.
Rainer Maria Rilke setzte diesen Vorgang, der passives Aufnehmen wie aktives Zur-Welt-Bringen gleicherweise beinhaltet, ins Bild von Empfängnis und Geburt. In einem Brief an einen jungen Dichter, der sich, seiner Berufung ungewiss, an ihn gewandt hatte, schrieb er: “Alles ist austragen und dann gebären. Jeden Eindruck und jeden Keim eines Gefühls ganz in sich, im Dunkel, im Unsagbaren, Unbewußten, dem eigenen Verstande Unerreichbaren sich vollenden lassen und mit tiefer Demut und Geduld die Stunde der Niederkunft einer neuen Klarheit abwarten: das allein heißt künstlerisch leben: im Verstehen wie im Schaffen.” (Rainer Maria Rilke, “Briefe an einen jungen Dichter”, Insel Verlag Frankfurt a.M., 1984, S. 17)

“... mit tiefer Demut und Geduld die Stunde der Niederkunft einer neuen Klarheit abwarten”.
Das heisst mit anderen Worten: der Künstler ist nicht Herr der Lage. Nicht unmittelbar von ihm hängt es ab, ob das Künstlerische sich nähert und Eingang findet in sein Werk. Aber auch nicht unabhängig vom seinem Tun stellt es sich ein, oder auch nicht, und lässt aus dem anfänglichen Gespräch einen, sichtbare Gestalt schaffenden Dialog werden. In der Antike sprachen die Menschen von den Musen und ihrem Kuss. Heute spricht man weniger bildhaft vom kreativen Einfall. Dieser kann, aber er muss sich nicht einstellen. Und dass er sich nicht einfindet, stellt manch kreativ tätigen Mensch vor erhebliche Probleme.
Im Rahmen des Gestaltungsprozesses lässt sich fast alles reflektieren. Nur die Berührung durch das Künstlerische, Schöpferische, wie es im Bild des Musenkusses oder, etwas profaner, als kreativer Einfall zum Ausdruck kommt, entzieht sich.
Etwas vage ließe sich diese intensive Berührung als glücklicher Zeitpunkt eines umfassenden wie grenzenlosen Erkennens umschreiben. So wenig sie sich dabei beschreiben lässt, so ausschlaggebend verantwortlich zeichnet diese Berührung auf der anderen Seite für die Stimmigkeit künstlerischer Äußerung, ob es, das Kunstwerk, stimmt.
Weniger die zum Einsatz kommenden, wahrnehmbaren semiotischen Strukturen eines gegebenen Kunstwerks, um welche Kunstform auch immer es sich handeln mag, bestimmen dessen Kunst-Sein, sondern der jeweilige Grad schöpferischen Innewerdens, die schöpferische Teilhabe. Das spricht nicht gegen die Bedeutung formaler Aspekte im Kontext verwendeter gestalterischer Mittel, sondern weist nur auf ihr notwendiges, weil Kunst realisierendes Verhältnis zum Schöpferischen hin. Das formale Erscheinungsbild ist Mittler, nicht Selbstzweck.

Alles Zufall könnte man sagen. Und das ist richtig, sofern man den Begriff Zufall im Sinne von zufallend meint. Zufall so verstanden und erlebt, hat nichts mit Zufälligkeit zu tun. Er mag sich zufällig einstellen, aber er ist und bleibt ZUFALL. Im Künstlerischen Dialog, wenn das Künstlerische Eingang findet ins Werk, fallen Zufall und Einfall in eins. Der Künstler hat dabei die intensive Empfindung, dass sein Einfall ihm zufällt, sich ihm nähert, bzw., dass das, was sich ihm zufallend nähert, sein Einfall ist. Eine höchst komplexe Situation mit komplexen Folgen, zu der sich Pablo Picasso folgendermaßen geäußert hat:
“Etwas Geheiligtes, darum geht’s. Man müsste ein Wort dieser Art gebrauchen können, aber es würde schief aufgefaßt, in einem Sinn, den es nicht hat. Man müsste sagen können, daß ein bestimmtes Bild so ist, wie es ist, mit seinem Gehalt an Kraft, weil es ‘von Gott berührt’ ist. Aber die Leute nähmen es krumm. Und doch kommt es der Wahrheit am nächsten ...” (Picasso, “Über Kunst”, Diogenes Verlag Zürich 1982, S. 20, zit. aus HélèneParmelin, “Picasso dit ...”, Paris 1966)

Mit zwei wesentlichen Herausforderungen sieht sich der Künstler in seiner Arbeit konfrontiert. Zum einen die Vorstellungen, Traumbilder, Ideen, Phantasien, zum anderen die Stoffe, die passenden bildnerischen Mittel, die zum gestalterischen Einsatz kommen sollen. Vorstellungen können sehr verführerisch sein. Sie können in der Illusion wiegen, sie enthielten schon alles und man bräuchte sie nur noch ins Sichtbare umzusetzen. Doch diese Annahme täuscht, ja sie stellt ein klassisches Vorurteil dar. Bildvorstellungen sind für sich nichts, solange sie nicht in modifizierenden Kontakt mit dem Gestaltungsmaterial getreten sind. Dieses wiederum, das im Gestaltungsprozess zur Anwendung gelangende Material, ist für sich ebenso nichts. Es verharrt ja noch in einem ungeformten, bloßen Zustand, ganz in elementarer Vereinzelung, ist nur da als Stofflichkeit, aber noch nicht anwesend als Gestalt. Es bedarf des verwandelnden Kontaktes zu einer wenn auch noch so vagen bildlichen Motivation.
Erst die Hand des Künstlers, erst sein “Bildnerisches Denken”, wie Paul Klee die künstlerische Tätigkeit auffasste und als Lehrender vertrat, führt beides, Stoff und Idee, Idee und Stoff gestaltbildend zusammen, macht aus ihnen eine “Realität der Kunst”.
Der Künstler moderiert in diesem Prozess. Nicht ganz unparteiisch sicherlich, bringt er doch Stoff und Idee gemäß seiner ganz individuellen Intentionen, seiner einmaligen Begabung und Eigenart, miteinander ins Gespräch. Der Künstler als Schöpfer, der in und aus einem gegebenen Stoff gemäß seiner bildnerischen Motivation gestaltet. Die Kunst als Schöpfung, als aus einem gegebenen Stoff im Kontakt mit einer motivierenden Idee entstandenes Werk. Die schöpferische Kraft im gestalterischen Prozess, dem künstlerischen Dialog, als Schöpfen, als Stoff wie Idee gestaltende Tätigkeit.


5) Künstlerische Kommunikation als ästhetische Dimension des Sozialen

Der Künstlerische Dialog ist zu verstehen als ein Realisierungsmedium des Schöpferischen. Aus dem Vorangegangenen erhellt, dass es sich hier um eine Art Gespräch, eine Unterredung, handelt. Wer redet also hier mit wem?
Zunächst wie geschildert der Mensch als urhebender Gestalter, als Künstler, in der Auseinandersetzung mit einem zu gestaltenden Material, an Hand eines Materials, mit ihm und über es hinweg im Sinne einer motivierenden Gestaltungsidee.
Dann der Mensch als aufnehmender Gestalter, im Gegen-Stand mit einem Geschaffenen, mit dem er sich innerlich schaffend auseinandersetzt, als aufmerksamer Leser eines Buches zum Beispiel, als einfühlender Hörer einer Musik, als “bildnerisch-denkender” Betrachter einer Ausstellung.
Und dann der Mensch als gebender und nehmender Gestalter im Kontakt mit seinem Mitmenschen, beruflich wie privat, am Arbeitsplatz, in der Beziehung, überall dort, wo er sich mit anderen Menschen trifft, betroffen ist von ihnen und sie selbst betrifft.

Grundlegend hier die Analogie von Kunst und Leben, von Dasein und Kunst. Kunst (gerade auch zeitgenössische) spiegelt diese Analogie ganz selbstverständlich wider. Nicht nur, dass sie mit dem Leben facettenreich korrespondiert, das Leben in seinen mitunter verrücktesten Erscheinungsformen zum Ausdruck bringt und manchmal auch zum Spektakel macht. Gerade auch in der Art ihrer Verwirklichung, ihres Entstehens, ähnelt (vor allem zeitgenössische) Kunst dem Leben. Kennzeichnend die gleichzeitige Betonung aufbauend-konstruktiver wie abbauend-destruktiver Gestaltungselemente in ihrem Erscheinungsbild. Kennzeichnend weiterhin der Einbezug eines dynamischen Wechsels von Komposition als Qualität zielvollen Entwerfens sowie Improvisation als Qualität unvorhersehbaren Erscheinens. Eine solche Kunst geht natürlicher Gewordenheit im Sinne von Werden und Vergehen, Vergehen und Werden, parallel.
Werden und Vergehen stellen Basisphänomene des Lebens dar. Sie sind auch dem Antlitz zeitgenössischer Kunst eingeschrieben. Diese fasst damit zwei wesentliche, existenzielle Grunderlebnisse des Menschen in sich: Geboren zu werden und sterben zu müssen, da zu sein, ohne zu wissen, woher gekommen, und gehen zu müssen, ohne zu wissen, wohin.

Kunst, in ihrem Entstehungsprozess betrachtet, hat zunächst nichts Soziales an sich. Sie ist in gewisser Hinsicht sogar asozial. Der Künstler ist bei der Arbeit allein mit sich. Um seinen Intentionen im Rahmen eines Gestaltungsprozesses gerecht zu werden, um auch mit den aus diesem Gestaltungsprozess auf ihn zurückwirkenden Impulsen fertig zu werden, gestalterisch ins Reine zu kommen, zieht er sich zurück, ja muss er sich zurückziehen. Mit Aussenstehenden kann er seine Erlebnisse nur bedingt austauschen. “... Jeden Eindruck und jeden Keim eines Gefühls ganz in sich, ...” wie Rainer Maria Rilke sagt. Einsamkeit ist im Kontext künstlerischen Arbeitens daher eine teilweise notwendige Erfahrung.
Erst wenn Werk entstanden ist, wenn es als Kunstwerk nach aussen tritt und so zum Gegen-Stand der Wahrnehmung (anderer) wird, kommt es im Sozialen an. Nun kommunizieren andere mit ihm. So gesehen ist Kunst immer sozial, weil sie immer ein Gegenüber ist und immer ein Gegenüber hat. Das Gespräch, das der Künstler zunächst mit sich und dem Material allein geführt hat, wird nun an Hand des Kunstwerks anderen zugänglich. Die entsprechende Auseinandersetzung, parallel zum gestalterischen Schaffensprozess, wird mit dem Fachausdruck Rezeption bezeichnet, der wahrnehmende Mensch als Rezipient.
Das Paradox liegt auf der Hand: Kunst bildet sich asozial und wirkt, wenn gebildet, einfach durch ihr Dasein, sozial.

Der Gestaltungsprozess im Sinne eines wechselwirkenden Gesprächs wie ihn der Künstler im Rahmen seiner Arbeit erlebt, kann mittelbar in Erscheinung treten, gegenständlich, im Sinne von Gegenüber-Stehen, vermittelt über ein Kunstwerk, dem man sich gegenübergestellt erlebt. Aber auch unmittelbar, ohne das Medium Kunst, verwirklicht er sich. Das Gespräch entwickelt sich hier nicht zwischen Künstler und zu gestaltendem Stoff, auch nicht zwischen Rezipienten und einem Kunstwerk.
Nein, hier treffen nun mindestens zwei Personen aufeinander. Sie tauschen Worte aus, hören zu und sprechen im Wechsel, fragen und antworten. Sie schenken sich Aufmerksamkeit und bekommen Aufmerksamkeit geschenkt. Sie wenden sich ihre Herzen zu, sie riskieren, erkannt zu werden und selber zu erkennen in Worten, in Blicken, in Gesten. Teil nehmen und Teil geben stehen in einem lebendigen, wechselweisen Verhältnis. Zwei Akteure gestalten in einem gestaltlosen Raum, in einem Dazwischen, einem Zwischen-Zwei, eine vorübergehende Gestalt, eine Gesprächsgestalt. Im Rahmen dieses Gestaltungsprozesses ist der Mensch aktives Subjekt wie passives Objekt in einem. Ästhetik wird zu einer Frage der Kommunikation, Kommunikation zu einer Frage der Ästhetik, ob diese Kommunikation nun die Intensität eines künstlerischen Dialoges erreicht oder nicht.

Ästhetik als Wahrnehmungswissenschaft kann sich mit allem beschäftigen, was den menschlichen Sinnen begegnet. Sie hat sich von der Antike bis heute schwerpunktmäßig mit dem Phänomen Kunst beschäftigt.
Kunst als produktives wie reflexives Experimentierfeld des Menschen stellt eine spezifisch ästhetische Fragestellung dar, die auf einer ästhetischen Grundstimmung fußt, dem “Ästhetischen Zustand” wie Friedrich Schiller ihn in seinen “Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen” als “Spieltrieb” charakterisiert hat und wie er dem freien Spiel des Kindes eigen ist.
Das Spiel wiederum ist konstituierender Faktor künstlerischen Arbeitens überhaupt, eine Art künstlerische Grundkonstante in Form Werk bildender schöpferischer Kommunikation, dem Künstlerischen Dialog.

Die ästhetische Dimension des Sozialen bemisst sich daran, inwieweit sie Anteil hat am Künstlerischen Dialog und aus ihm heraus und über ihn vermittelt konstituierende Kraft entfaltet. Kunst als prozessuales Entwurfsinstrument spielt im Rahmen dieser Dimension eine sensibilisierende Rolle. Ihr wesentlicher Beitrag ist: selbstverantwortete, gestalterische Handlungskompetenz basierend auf den kommunikativen Möglichkeiten eines selbsterfahrenen Künstlerischen Dialogs.

AFG 2011

Literatur
“Die Theorie des Schönen in der Antike” Ernesto Grassi, DuMont Verlag Köln, 1980
“Über die ästhetische Erziehung des Menschen” Friedrich Schiller, Verlag Reclam Stuttgart, 1965
“Paul Klee Spätwerk” Tilman Osterwold, Arbeiten auf Papier 1937 -1939, Württembergischer Kunstverein Stuttgart, 25.10.1990 bis 13.01.1991
“Das bildnerische Denken” Paul Klee, Verlag Schwabe & Co.AG Basel, 1990
“Briefe an einen jungen Dichter” Rainer Maria Rilke, Insel Verlag Frankfurt a.M., 1984
“Über Kunst” Picasso, Diogenes Verlag Zürich, 1982



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