Man hätte es eigentlich wissen müssen, dass einen hier Beherbergungsödnis erwartete. Schon das Speisenangebot, das mit Kreide auf an der Hauswand befestigten Schiefertafeln verzeichnet war, ein Indiz. Rheinischer Sauerbraten mit Klos und Rotkohl neben Spaghetti aglio e olio. Das sprach für sich. Es muss ein gutbürgerliches Gasthaus gewesen sein, einst, in zentraler Lage, am Marktplatz gleich gegenüber der Kirche. Seine beste Zeit (und die sei ihm wahrhaft gegönnt) hatte es hinter sich. Eine Zeit, von der noch die geschmackvolle, umlaufende Holzvertäfelung, das gediegene Mobiliar und der, wenn auch zwischenzeitlich ziemlich vernachlässigte Dielenboden kündeten. Im Übrigen hatte man mit zielstrebiger Lieblosigkeit dafür gesorgt, alle Spuren ehemals gutbürgerlicher Gastlichkeit zu tilgen. Unüberhörbares und unübersehbares Detail am Rande: zwei fette Spielautomaten, die unaufhörlich ihre aufdringlichen optischen und akustischen Verführungssignale von sich gaben. Um die standen nun - statt der speisewilligen Gäste - die stadtbekannten Zecher herum und schmissen sich bei Bier und Schnaps ihre verqueren Meinungen an den Kopf. Ab und an ein den Wandel der Zeit verkennender, und darum irritierter Alter, der ein warmes Abendessen ersehnte, ein wenig Gesellschaft, aber, nachdem er seine Speise hastig verzehrt hatte, schnell wieder verschwand.

Mein Realitätssinn, ein hauptsächlich nebenhin laufender, auf dessen zentralen Einsichten ich Fiktionen realen Charakters errichte.