22/04/20 16:51
Ärgerlich, wenn ein Bild sich nicht fügen will. Das hat - wie sollte es anders sein - in erster Linie mit mir zu tun. Manchmal verfahre ich mich halt, komme nicht ins richtige Gleis, obwohl ich weiß, was zu tun ist. Aber Wissen allein reicht nicht. Irgendwann die Nebenstrecke nehmen, auf dem Nebengleis fahren, auf dem man wie von allein vorwärts kommt, ganz ohne Widerstand, absichtslos und mit Vorsatz. Davon hängt Gelingen ab, in künstlerischer Hinsicht, aber nicht nur.
Etwas um seiner selbst willen zu tun, ganz bestimmt, aber ohne Bestimmung, selbstvergessen wie achtsam, hingegeben und ganz bei sich, ist ein künstlerischer Akt.
Gestern, als ich auf der Terrasse saß und eine Pfeife rauchte, setzte sich Teiresias zu mir, angezogen vom Tabakduft und der strahlenden Sonne, in die er verschmitzt zu blinzeln begann (seine Augen können ja keinen Schaden mehr nehmen). Die Menschen heute hätten kaum noch ein - und schon gar nicht ein erträgliches - Verhältnis zum Tod, kam es von ihm unvermittelt. Das wäre wie damals bei ihnen. Seine Landsleute hätten auch Angst gehabt vor dem Sterben. Und nicht nur das. Sie hätten sich darüberhinaus entsetzlich vor dem Danach gefürchtet: dem Schattensein im Reich der Unterwelt. Davon habt ihr modernen Menschen überhaupt keine Ahnung mehr. Lieber ein Bettler im Diesseits, als ein König im Jenseits, das sagt euch so gut wie nichts, weil es - reden wir mal Klartext - für euch ein Jenseits nicht (mehr) gibt. Für euch zählt nur das Leben hier. Ihm ordnet ihr alles unter, fataler Weise. Bis ins hohe Alter hinein klammert ihr euch daran. Aber Leben gibt es nicht ohne den Tod, so ist das nun mal, Leben und Tod gehören zusammen, täglich. Nachdenklich fuhr er sich über die Stirn, so, als ob ihm gerade noch etwas Wichtiges eingefallen wäre. Natürlich sei die Vorstellung eines Jenseits Unsinn (genauso wie die Annahme, Götter würden sich wohlwollend um menschliche Belange kümmern). Aber vermutlich lebt und stirbt es sich besser mit dieser Vorstellung. Übrigens, dein Tabak duftet herrlich, irgendwie schade, dass uns damals diese Art Rauchkultur unbekannt war.
Nicht Müßiggang ist aller Laster Anfang, sondern Unfruchtbarkeit.
Ich habe zufällig beobachtet, wie Teiresias sich an meinen Tabakdosen zu schaffen machte. Sorgfältig öffnete er eine nach der anderen, griff mit seinen Fingern hinein, verrubbelte Tabakfasern und schupperte genüsslich daran. Auch nahm er eine Pfeife zur Hand, meine schönste, und stellte sich damit prüfend vor den Spiegel (obwohl er im Spiegel gar kein Bild hinterlässt und sich selbst auch nicht sehen könnte).
Worüber ich im Stillen lächeln muss, ist die Verunglimpfung der Erotik, wie sie gern gerade großen Geistern entfährt. Als ob sie keinen Begriff von ihr hätten und nicht wüssten, worüber sie redeten.
Teiresias ist ähnlicher Meinung. Eros sei Lebensprinzip, sagt er, Schöpfungsakt, wie Thanatos übrigens auch (wenn auch in Umkehrung). Das ist in Vergessenheit geraten. Nicht nur der Schlaf, ”kleiner Bruder des Todes”, gäbe einen Vorgeschmack, nein, vor allem im Moment höchster erotischer Ekstase schaue einem Thanatos nachsichtig über die Schulter. Nicht von ungefähr folge dem Liebesakt eine selige, schlafähnliche Erschöpfung.
Etwas um seiner selbst willen zu tun, ganz bestimmt, aber ohne Bestimmung, selbstvergessen wie achtsam, hingegeben und ganz bei sich, ist ein künstlerischer Akt.
Gestern, als ich auf der Terrasse saß und eine Pfeife rauchte, setzte sich Teiresias zu mir, angezogen vom Tabakduft und der strahlenden Sonne, in die er verschmitzt zu blinzeln begann (seine Augen können ja keinen Schaden mehr nehmen). Die Menschen heute hätten kaum noch ein - und schon gar nicht ein erträgliches - Verhältnis zum Tod, kam es von ihm unvermittelt. Das wäre wie damals bei ihnen. Seine Landsleute hätten auch Angst gehabt vor dem Sterben. Und nicht nur das. Sie hätten sich darüberhinaus entsetzlich vor dem Danach gefürchtet: dem Schattensein im Reich der Unterwelt. Davon habt ihr modernen Menschen überhaupt keine Ahnung mehr. Lieber ein Bettler im Diesseits, als ein König im Jenseits, das sagt euch so gut wie nichts, weil es - reden wir mal Klartext - für euch ein Jenseits nicht (mehr) gibt. Für euch zählt nur das Leben hier. Ihm ordnet ihr alles unter, fataler Weise. Bis ins hohe Alter hinein klammert ihr euch daran. Aber Leben gibt es nicht ohne den Tod, so ist das nun mal, Leben und Tod gehören zusammen, täglich. Nachdenklich fuhr er sich über die Stirn, so, als ob ihm gerade noch etwas Wichtiges eingefallen wäre. Natürlich sei die Vorstellung eines Jenseits Unsinn (genauso wie die Annahme, Götter würden sich wohlwollend um menschliche Belange kümmern). Aber vermutlich lebt und stirbt es sich besser mit dieser Vorstellung. Übrigens, dein Tabak duftet herrlich, irgendwie schade, dass uns damals diese Art Rauchkultur unbekannt war.
Nicht Müßiggang ist aller Laster Anfang, sondern Unfruchtbarkeit.
Ich habe zufällig beobachtet, wie Teiresias sich an meinen Tabakdosen zu schaffen machte. Sorgfältig öffnete er eine nach der anderen, griff mit seinen Fingern hinein, verrubbelte Tabakfasern und schupperte genüsslich daran. Auch nahm er eine Pfeife zur Hand, meine schönste, und stellte sich damit prüfend vor den Spiegel (obwohl er im Spiegel gar kein Bild hinterlässt und sich selbst auch nicht sehen könnte).
Worüber ich im Stillen lächeln muss, ist die Verunglimpfung der Erotik, wie sie gern gerade großen Geistern entfährt. Als ob sie keinen Begriff von ihr hätten und nicht wüssten, worüber sie redeten.
Teiresias ist ähnlicher Meinung. Eros sei Lebensprinzip, sagt er, Schöpfungsakt, wie Thanatos übrigens auch (wenn auch in Umkehrung). Das ist in Vergessenheit geraten. Nicht nur der Schlaf, ”kleiner Bruder des Todes”, gäbe einen Vorgeschmack, nein, vor allem im Moment höchster erotischer Ekstase schaue einem Thanatos nachsichtig über die Schulter. Nicht von ungefähr folge dem Liebesakt eine selige, schlafähnliche Erschöpfung.