Teiresias ist blind (heißt es der Überlieferung nach). Er kann aber auch sehen (ist mein Eindruck). Was er jeweils ist, blind oder sehend (oder beides gleichzeitig), fällt selbst mir, seinem Gastgeber, schwer zu erkennen. Ich kann ihn sehen, selten aber durchschauen. Er dagegen durchschaut mich immer (was mir mitunter unangenehm ist). Aber ob er mich auch immer sieht? Auf jeden Fall sieht er die Rotweinflasche auf dem Küchentisch, denn er fragt mich mit unverhohlener Vorfreude, ob wir die heute Abend leeren wollen.

Zum Beispiel, sagt Teiresias, würden die Götter (die es nach seinem Dafürhalten gar nicht gibt, Anm. des Verf.) dafür sorgen, dass einen die Wahrheit nie im Stich lässt. Im Stich gelassen würde man von Menschen, auch solchen, die vorgeben die Wahrheit zu kennen oder völlig ahnungslos sind.

Was man verurteilen muss, hat man noch nicht vollständig oder über alles Maß hinaus beurteilt.

Da ich mir selbst immer wieder Vertrauensvorschuss gewähre, kann ich ihn anderen nicht vorenthalten.

Natürlich geht Vorteilsnahme gar nicht, aber man wäre doch schön blöd, sie auszulassen. Was ist denn bitte schön verwerflich, an sein Fortkommen zu denken?

Irgendwann wird das eigene Leben zur Unmöglichkeit (was nicht bedeutet, dass es dann unmöglich wird). Man erkennt, dass man vergeblich gegen sich anrennt und muss sich eingestehen, dass man sich selbst unterliegt. Das ist wohl das ”Tat Tvam Asi” des Ostens.

Genau das ist es, pflichtet mir Teiresias bei, ob einem das nun gefällt oder nicht.

Habe ich das schon geäußert, dass in künstlerischer Hinsicht nichts ohne Leidenschaft geht?

Der wahre Ruhestand besteht darin, zur Ruhe im Stande zu sein. Seit ich mich im Ruhestand befinde, mache ich weiter wie bisher und werde immer ruhiger.

Das Durcheinander an meinem Arbeitsplatz. Gestern sagte mir die Unordnung noch etwas, heute nicht (mehr). Ich wische alles vom Tisch und bekomme einen alten, ausgefransten Pinsel zu fassen. Den schwinge ich jetzt über die Bildfläche, wie ein Straßenkehrer seinen Besen. Wenn ich male, schaffe ich Ordnung, das muss sein.