Wer spricht schon gern über sein Alter, meint Teiresias zu mir, die Jugend ist angeblich dann vorbei, wenn es einem nicht mehr gelingt, auf einem Bein stehend, die Schuhe zuzubinden.

Eigentlich ist der Grund meiner Erblindung ein anderer gewesen, verriet mir Teiresias gestern Abend während unseres Nachtessens. Die Story vom Ehestreit zwischen Zeus und Hera habe ich anlässlich einer Cocktailparty aus dem Ärmel geschüttelt, als man mich um eine lustige Begebenheit aus meinem Leben anging. Einen Gott erblickt man nicht ungestraft und eine Göttin - noch dazu, wenn sie unbekleidet ist - erst recht nicht. So aber erging es mir, als ich mich eines Tages verirrt hatte auf einer meiner Wanderungen. Es war sehr heiß an diesem Tag und ich sehr durstig. Froh war ich daher, als ich, versteckt hinter allerlei Gehölz, ein Gewässer entdeckte, einen kleinen See, idyllisch eingebettet zwischen Baum und Strauch. Klarstes Wasser bis auf den Grund. Gierig beugte ich mich hinab und trank. Als ich mich aufrichtete, sah ich sie aus dem Wasser steigen, Athene höchstpersönlich, splitterfasernackt, strenge, aber ebenmäßige Erscheinung, kein Gramm zu viel, durchtrainiert vom Scheitel bis zur Sohle. Dass ich nicht sofort tot hinsank, war ein Wunder. Aber das Augenlicht kostete es mich schon. Für meinen letzten Augenblick hätte ich mir Aphrodite aussuchen sollen. Nun, ich hatte Glück im Unglück. Da ich ohne Vorsatz gehandelt hatte, quasi nur zufällig und tölpelhaft in diese verfängliche Situation geraten war, und Athene selbst sich großzügig für mich bei Zeus, dem Göttervater, verwendete, wurde mir das Leben geschenkt und zusätzlich die Gabe der Weissagung verliehen. Berufsbezeichnung: Blinder Seher! Also, merk’ dir: steigt eine unbekleidete Frau aus dem Wasser, und sei sie noch so begehrenswert, schau lieber nicht hin. Du kannst nie wissen, ob es sich nicht um eine Göttin handelt. Und das ist jetzt die Wahrheit?, fragte ich. Eine der Vielen war die Antwort.

Sehr zu seinem Leidwesen - er tut das nicht gern - kommt er ein ums andere Mal nicht drum herum, anderen zu signalisieren, dass er jetzt nicht gestört sein will. Wie sollen sie das sonst merken, wenn sie es nicht von selbst bemerken?

Karriere wird gemacht im Zusammenhang mit Menschen, die schon Karriere gemacht haben.

Ich weiß im Grunde nichts von mir. Alles, was ich weiß, weiß ich von meinem zweiten Gesicht, das auch nicht viel mehr weiß als ich, aber so tut, als ob es mehr wüsste.

Seine Lebenshaltung war stets eine ichbezogene gewesen. Bevor er sich überhaupt die Sichtweise eines anderen Menschen hätte zueigen machen können, bezog er bereits Position für sich.