Wo Überfluss, da Mangel, wo Wachstum, da Verfall.

Traum. Die Stadt meiner Kindheit und Jugend. Eine einzige große Baustelle. Man hat den Marktplatz aufgerissen. Der darunter befindliche, später zur Tiefgarage umfunktionierte Atombunker wird abgetragen. Dazwischen Restaurateure, die damit beschäftigt sind, die zum Vorschein kommenden Fresken wiederherzustellen. Nicht weit davon entfernt der Dom, abgetragen bis auf den Altarraum und die darunter befindliche Krypta. Er wird nun im alten Stil, gemäß der Wahrheit, neu errichtet. In den baustelligen Straßenzügen überall Menschen, die, ohne von den bahnbrechenden Baumaßnahmen Notiz zu nehmen, zwischen Geröll und Gerüst eilig ihre Einkäufe erledigen. Wie grandios wäre es doch, denke ich mir, die Bauarbeiten genau jetzt einzustellen und alles so zu belassen, wie es augenblicklich ist. Das hätte etwas ungeheuer Feierliches: Ewigkeitsbaustellen, mitten in der Stadt.

Misstraut der Mensch dem Gedanken an ein wie auch immer geartetes göttliches Möglichsein, ist er auf sich allein gestellt; ist er auf sich allein gestellt, kann er gar nicht anders, als dem Gedanken an ein göttliches Möglichsein zu misstrauen.

An Besitz hängt er nicht. Es würde ihm nichts ausmachen, im Hotel zu wohnen, vorausgesetzt, er hätte das Geld dazu. Eine kleine Suite, etwas abseits im Haus, das wär’s. Um die Belange des täglichen Bedarfs müsste er sich nicht kümmern. Alle Zeit der Welt hätte er für sich und wüsste nichts anzufangen mit ihr und mit sich selbst.

Progressivität pocht auf Veränderung, Konservatismus auf Erhalt. Dazwischen wird gelebt.

Man kann gar nicht anders als fortzuschreiten. Selbst auf der Stelle bewegt man sich fort. Durchaus der Überlegung wert, ob das als Fortschritt gelten kann.

Ich schaue dem verhaltenen Regen zu, der über die sich trübenden Farben des Herbstes hinweg tröpfelt. Ich denke mir, Buntheit wäre jetzt völlig unpassend, und spüre eine ungeahnte koloristische Entspannung.

Die Tagesangelegenheiten können durchaus Lernmittel des Geistes sein, sagt Teiresias, ebenso gut aber auch vergeudete Zeit.