Je länger ich mich mit Bildender Kunst befasse, desto weniger fällt mir zum Thema Kunst ein. Die Leute, denen in diesem Zusammenhang viel einfällt - immer noch etwas Neues, bislang unausgesprochenes -, reden meist nur, wenn auch mitunter geistreich und ab und an sogar poetisch, über die Dinge, mit denen sich Kunst befasst, nicht über Kunst selbst. Denn auch sprachlich ist Kunst zu erlangen nur durch Kunst.

Jetzt hast du doch noch etwas zum Thema Kunst von dir gegeben, lacht mich Teiresias aus, obwohl du doch, nach eigener Aussage, dazu nichts mehr zu sagen hast. Wenig glaubhaft, mein Lieber, und außerdem hast du das mit „Kunst ist Kunst durch Kunst“ irgendwann schon einmal gesagt, wenn ich mich nicht täusche.

Nicht geimpft und nicht getestet ist man eine potentiell infektiöse Belastung für Mitmensch und Umwelt. Das sagt zwar kaum einer laut, aber es wird gedacht (und nicht nur in politischen Kreisen). So kommt es nicht von ungefähr, dass man unter dem nur scheinbar logischen Zwang staatlicher Infektionsverhütung von gewissen gesellschaftlichen Vergünstigungen, wie das Aufsuchen von Geschäften, Restaurants und kulturellen Veranstaltungen, ausgeschlossen bleibt, solange man keinen gültigen Impfnachweis (möglichst digitaler Beschaffenheit) oder negativen, tagesaktuellen Antigen-Test vorweisen kann. Die Gesellschaft spaltet sich in die einen und die anderen, in Wirklichkeit aber bildet sie ein beschämendes Scheidungspanorama ab von Vernunft und Übervernunft.

Ich könnte doch auch mal viel- und ganzfigurig arbeiten, oder mich dem Stilleben zuwenden. Töpfe, Krüge, Gläser, Pfannen, und Wildbrett, ein Fasan zum Beispiel. Nein, eher ein Totenkopf. Kein Stilleben ohne Symbol unaufhaltbarer Vergänglichkeit. - Oder Blumen, eine Vase mit einem farbenprächtigen Blumenstrauß? Das alles könnte ich malen, denke ich mir. Aber auf mein Denken kommt es dabei nicht an, sondern auf mein Handeln.

So, so, du hast also nichts mehr zu sagen zum Thema Kunst, stichelt Teiresias weiter.

Der Jahreszeit entsprechend steht bei mir augenblicklich Spargel auf dem Einkaufszettel. Dieses ausgesprochen gesunde und delikate Gemüse war Teiresias bislang völlig unbekannt. Nach anfänglicher Skepsis ist er jedoch auf den Geschmack gekommen. Wenn es nach ihm ginge, könnten wir jeden Tag Spargel essen (was ein arges Loch in meine eh schon nicht gerade üppig gefüllte Haushaltskasse reißen würde). Am liebsten mag Teiresias gegrillten, grünen Spargel, umwickelt mit rohem Schinken und einer Walnuss-Knoblauch-Mayonnaise. Ohne Umschweife greift er sich einen Spargel, fährt damit durch die Mayo und schiebt ihn sich genüsslich in den Mund. Ein wenig getrübt ist dieser Genuss nur durch den unvermeidlich vermehrten Harndrang, vor allem nachts (Spargel entwässert bekanntlich). Da spürt er halt doch sein Alter.

Etwas, das man wird lernen müssen: sich fern halten.

Wer redet da von Verständnis. Gehör schenken dem, was man eigentlich nicht versteht, ist schon schwer genug.

Alles einsturzgefährdet um mich herum, obwohl anscheinend wie in Beton gegossen, und ich mittendrin, gleich einer Armierung aus Glas.

Die bildliche Konstellation einer neuen Arbeit scheint aussichtsreich, ich muss sie „nur noch“ ein wenig verändern, entscheidend, so lang, bis aus der Konstellation eine Installation geworden ist.