”Ihr geht mit Leben um, als sei es euer Eigentum”, schimpft Teiresias. ”Es ist wahrlich nicht übertrieben, euch totalitäre Absichten im Umgang mit dem Leben zu unterstellen. Nur der Tod setzt euren Umtrieben noch Grenzen. Aber den schiebt ihr ja auch ständig vor euch her, Thanatos kann ein Lied davon singen.”

Beim letzten Drink, schon lang nicht mehr nüchtern, gestehe ich mir ein: ich bin Nihilist, also jemand, der nichts gelten lässt, außer sich selbst vielleicht, und das auch nur notgedrungen (weil ich nun mal da bin), und habe das komische Gefühl, dass da etwas nicht stimmen kann.

Wer Gründe finden will, wird irgendwann welche finden, und wenn es die allerletzten sind.

Teiresias sagt: ”Nichts ist grundlos in der Welt, nur Dasein ist ohne Grund.”

Man kommt viel herum, wenn man sich treiben lässt. Man pflegt eine Sesshaftigkeit des Allüberall.

Die Wahrheit läge daneben, auch, irgendwo zwischendrin, keinesfalls nur in der Mitte, antwortet mir Teiresias, als ich ihn frage, was Wahrheit ist. Aus diesem Grund sei es von Vorteil, Wahrheit nicht absolut punktgenau zu suchen. Man schaue eher ein wenig nebenbei, lese zwischen den Zeilen, wie es so schön heißt. Was man dann erkenne, käme Wahrheit ziemlich nah. Wenn man dann noch die richtigen Schlüsse ziehen würde … Ganz allgemein gesprochen: Wahrheit, wenn es sich denn um eine handelt, sei in jedem Fall wahr, zu Hundertprozent.

Dass ich ein (ein)gebildeter Mensch bin, nutzt mir zum Glück wenig.

Über die Zeit, flüstert Teiresias, strebe alles Gebildete zu vollkommener Bildung. Man müsse nur lang genug warten können.

Ist man sich nicht verwandt in Form und Farbe und Binnenstruktur, eindrucksvoll verschwistert und verbrüdert?

Seit ich nicht mehr rauskomme, spiele ich gern Monopoly, ein Spiel, das mir früher immer suspekt war, jetzt aber genau das richtige ist. Da kann ich immerhin noch durch Straßen flanieren, an Bahnhöfen und städtischen Versorgungszentren vorbei, und ganz nebenbei durch geschickten An- und Verkauf von Immobilien, ja ganzen Straßenzügen, mein Taschengeld aufbessern. Nur, damit anfangen kann ich nichts.

Der Blick in die Malkammer von Caspar David Friedrich. Staffelei mit Bild, Malstock, Stuhl, Tisch mit Malmaterial, zwei Fenster.

Unmöglich, etwas wirklich Bedeutungsloses, unmöglich, etwas von wirklicher Bedeutung zu schaffen.

Wissenschaft ist nicht länger ein Teil (unter anderen) der Gesellschaft, sondern Gesellschaft ein Teil der Wissenschaft.