Gestern hat Teiresias im Garten Bärlauch entdeckt. Ein richtiges kleines Bärlauchfeld, gleich hinter dem Schuppen bei den Johannisbeersträuchern. Bärlauch sei ein sehr gesundes Kraut, sagt er mir. Sie hätten immer viel davon gegessen, jedes Frühjahr, circa vier Wochen lang, je nach Witterung. Salat hätten sie von Bärlauch gemacht, ziemlich scharfe Kost, oder ihn in gebackene Fladen eingewickelt und mit knusprig gebratenem Hammelfleisch garniert, auch ein Mus wäre zubereitet worden mit Nüssen und Schafskäse. Seine Großmutter hätte immer gesagt: Wer Bärlauch verzehrt, ist richtig genährt.

Also habe ich Bärlauchpesto zubereitet (was Teiresias’ Oma wußte, weiß ich schon lang). Wir streichen es uns auf geröstete Weißbrotscheiben und trinken dazu, zur Besänftigung der Schärfe, einen fruchtigen Muskatteller.

Objektive Wissenschaft (im Allgemeinen wie im Besonderen) fokussiert immer nur so gut wie der Mensch, der fokussiert, meint Teiresias. Unschärfe und Fehlbelichtung sind da an der Tagesordnung.

Man kann das Internet als trostlose Müllhalde betrachten, als ansprechendes Kommunikationsmittel und/oder als umfangreiches Wissensarchiv. Was man je daraus macht, bleibt einem selbst überlassen, auch was man selbst dazu beiträgt (wie im richtigen Leben, man bestimmt Tun und Lassen selbst).

Man gedenkt der Opfer, das immerhin. Aber gestorben wird allein, ohne Angehörige.

Fantasie vermag manch trister Lebensrealität etwas Glanz zu verleihen.

In der Kunst verlangt Realismus subtile Bearbeitung.

Im Traum einmal mehr die ewige Geliebte meines Lebens. Sehen konnte ich sie nicht, aber ich spürte die Dichte ihres Wesens neben mir. Was für eine Anziehungskraft, was für ein Sehnen. Und dann das schmerzliche Abschiednehmen in die Tageseinsamkeit hinein.

Warum ich Albert Camus schätze? Er verbirgt seine schriftstellerischen Unvollkommenheiten und Schwierigkeiten nicht, bleibt dabei gefühlsecht, herzlich und beherzt.

„Du solltest lernen mehr rückständlich zu denken und zu handeln“, verrät mir Teiresias zwischen zwei Röstbrotscheiben. „Bei allem und jedem musst du dich fragen: was bleibt davon zurück. Ziel: ein möglichst rückstandsfreies Leben. Dein Körper ist ein gutes Vorbild. Wird er einmal hinüber sein und du im Jenseits, bleibt nichts als ein Häuflein Staub. Erde zu Erde ungefähr.“ Und kauend fügt er noch an: „nicht eine Abfallwirtschafts-, sondern eine Zerfallskultur, das wär’s.“ „Gut und recht“, sage ich, „aber was wird aus meinen künstlichen Hüft- und Kniegelenken, Stents und all dem anderen?“

Kunst und Kultur, gemeinschaftsbildend, Sinn stiftend, Herzensangelegenheit!